SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Ich glaube, ich erzähle häufiger negative Erlebnisse als gute: wo ich mich geärgert habe. Wo was schief gegangen ist. Gute Erfahrungen klingen weniger dramatisch. Und Sie -erzählen Sie auch eher negativ? Eigentlich finde ich das aber nicht gut. So kriegt das Leben immer ne Schlagseite ins Dunkle.

Man kann auch anders. Das zeigt die Geschichte, die heute in den evangelischen Kirchen erzählt wird. Die geht gut aus. Trotzdem erzählt sie Lukas in der Bibel. Findet erzählenswert, was zwei schwangere Frauen erleben. Damals vor 2000 Jahren fast ein Wunder, dass ein Mann ihre Geschichte erzählt.

Lukas erzählt von Maria. Einer sehr jungen Frau. Schwanger. Und damit ist sie in Gefahr: Eine Frau, die nicht verheiratet war und schwanger. Die musste damals vors Männergericht. Und wenn ihr Verlobter sie angeklagt hätte, dann wäre sie verurteilt worden.

Aber diese Geschichte geht erstaunlich gut aus. Weil Maria Mut hat. Sie verkriecht sich nicht, sie jammert nicht. Sie wartet nicht, bis die Männer im Dorf sie holen. Geistesgegenwärtig nimmt sie ihr Leben in die eigenen Hände und bricht auf. „So schnell sie kann“, steht in der Bibel, marschiert sie mit ihrem Kind im Bauch von Nazareth aus rauf ins Gebirge zu ihrer Cousine Elisabeth. So an die 100 Kilometer weit.

Maria kommt gut bei Elisabeth an. Erst mal in Sicherheit. Weil die Cousine auch keine Angst hat, Maria aufzunehmen. Elisabeth ist auch schwanger. Die zwei finden gut, dass sie einander haben. Schwanger sein kann sehr verbinden. Mütter und auch Väter.

Und dann erzählt Lukas vom Glück, das größer wird, wenn man es teilt: „Du Maria“, sagt Elisabeth, „genau in dem Moment, in dem Du ins Haus gekommen bist. Ist mein Kind in mir richtig gehüpft.“ Geteilte Freude vermehrt sich. Lukas hat das verstanden. Als Mann.

Und dann kommt noch etwas, was diese Geschichte so erzählenswert macht. Elisabeth sagt etwas, was sie in diesem Moment eigentlich nicht wissen, nur ahnen kann: „Was mit Dir und mir und unseren Kindern geschieht, ist für uns beide schön und gut. Aber es ist noch viel größer. Es ist gut für jeden Mann und jede Frau und jedes Kind, die unsere Geschichte hören. Wir sind mittendrin in Gottes Geschichte und er verspricht, Dein Kleiner wird die Welt retten. Es geht gut aus mit der Welt.“ So hat Lukas die Geschichte von Maria und Elisabeth erzählt. Bis heute macht sie vielen Menschen Mut.

Ich glaube, ich sollte auch öfter erzählen, wenn was gut gegangen ist und wie es gut gehen könnte. Wir brauchen das.

Bibeltext: Lukas 1,39-45
39 Bald danach machte sich Maria auf den Weg und wanderte so schnell sie konnte zu einer Stadt im Bergland von Judäa.
40 Dort ging sie in das Haus von Zacharias und begrüßte Elisabet.
41 Dann, als Elisabet den Gruß von Maria hörte, sprang das Kind vor Freude in ihrem Bauch. Elisabet wurde mit Heiligem Geist erfüllt 42 und rief mit lauter Stimme:
»Gesegnet bist du unter allen Frauen und gesegnet ist das Kind in deinem Bauch. 43 Wie komme ich zu der Ehre, dass die Mutter meines Herrn mich besucht?
44 Sieh doch: Als ich deinen Gruß hörte, sprang das Kind vor Freude in meinem Bauch. 45 Glückselig bist du! Denn du hast geglaubt, dass in Erfüllung geht, was dir der Herr versprochen hat.«

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27785
weiterlesen...