Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Zum Advent gehören für mich Kerzen, Weihnachtsmarkt und Gemütlichkeit. Das ist das eine. Das andere ist: Auch im Advent sterben Menschen. Auch im Advent regt mich Ungerechtigkeit auf. Auch im Advent ist die Welt nicht heil. Darum wächst gerade im Advent meine Sehnsucht, dass sich etwas verändert.

Ich bin dankbar, dass christliche Adventslieder das aufnehmen. Sehr eindrücklich finde ich das Lied „O Heiland, reiß die Himmel auf“. Friedrich von Spee hat den Text geschrieben. Er war katholischer Priester, hat im 16./17. Jahrhundert gelebt. Es war für ihn kaum auszuhalten, dass es zu seiner Zeit Hexenprozesse gab. Er hat ein ganzes Buch dagegen geschrieben. Wie könnt ihr nur? So hat er gegen die beteiligten Richter, Fürsten und Priester gewettert! Und er hat zu Gott gefleht: Greif doch endlich ein. Zeig dich doch endlich. In seinem Adventslied hat er geschrieben: „O Heiland, reiß die Himmel auf. Herab, herab vom Himmel lauf...!“

Friedrich von Spee war manchmal untröstlich: Gerade dann, wenn er als Beichtvater zum Tode verurteilte angebliche „Hexen“ zur Hinrichtung begleiten musste. Später hat er gesagt: „Es hat keine gegeben, von der ich hätte sagen können: sie war schuldig.“

Und so hat er weiter dagegen angeschrieben und hat sich Feinde gemacht. Und er hat weiter sein eigenes Elend und das Elend der anderen zu Gott hin geschrien und geklagt. In seinem Lied klingt das so: „Wo bleibst Du, Trost der ganzen Welt, darauf sie all ihr Hoffnung stellt? O komm, ach komm vom höchsten Saal, komm, tröst uns hier im Jammertal...“.

Von Spee hat trotz allem Jahr für Jahr Weihnachten gefeiert. Er hat geglaubt, dass die Tür des Himmels aufgegangen ist. Vielleicht erst einen Spalt weit. So dass gerade mal ein Lichtstrahl auf die Erde fällt. Man sieht erstmal nur ein Kind in der Krippe. Aber genau da ist Gott zur Welt gekommen. Wo die Armen sind, die Menschen ohne Heimat, die Menschen, denen man Unrecht tut. Dieser eine Lichtstrahl von Gott her hat Friedrich von Spee den Mut gegeben, weiterzumachen.

Ich will mich von ihm erinnern lassen: Gott ist nicht nur im Jenseits, sondern hier, bei uns. Und dieser eine Lichtstrahl, der verändert etwas. Auch bei mir. Der macht mir Mut, mich für Menschen einzusetzen und ungeduldig und sehnsüchtig auf Gott einzureden. Gerade im Advent.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27718
weiterlesen...