Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Noch ein paar Tage lang wird Alexander Gerst irgendwo über uns unterwegs sein, als Kommandant der Internationalen Raumstation ISS. Kurz vor Weihnachten soll er wieder auf der Erde landen. Ich werde seine Nachrichten und Bilder vermissen. Im Internet kann man sie nachverfolgen. „Wahnsinn!“ habe ich manchmal gedacht, wenn ich seine Fotos und Videos aus dem Weltraum gesehen habe. Seine Aufnahmen von einem soeben gestarteten Raumschiff, das die Erde verlässt und an der ISS vorbeifliegt. Oder ein Schnappschuss vom Nürburgring in der Eifel, mal eben aus 400km Höhe aufgenommen. Oder das ausgetrocknete Mitteleuropa in diesem Sommer – von oben hat das krass ausgesehen. Oder jetzt im November die verheerenden Brände in Kalifornien, bis ins All sichtbar. Oder unglaubliche schöne Landschaften und Ozeane, von oben. Oder die Aufnahmen von Smog: nicht nur in China, sondern bei uns in Mitteleuropa.

In seinen Kommentaren klingt Alexander Gerst manchmal ganz fasziniert und begeistert. Das spürt man richtig, dass es auch nach Monaten immer noch etwas Besonderes für ihn ist, da oben aus dem Fenster zu schauen.

Manchmal schlägt er auch nachdenkliche Töne an. Von oben sieht man noch besser, wie begrenzt die Ressourcen auf der Erde sind und welchen Raubbau der Mensch betreibt. Zugleich wird einem wohl noch stärker bewusst, was für ein winziges Wesen der Mensch ist. In einem Interview hat Gerst gesagt: "Der Mensch hat für das Universum keine Bedeutung. Wir haben nur eine Möglichkeit, uns zu schützen, und zwar indem wir auf unsere Erde aufpassen." Ernste Worte.

Für mich klingt das demütig, was er da über die Bedeutung des Menschen sagt. Vor über 2000 Jahren hat jemand in einem Gebet etwas Ähnliches ausgedrückt: „Gott, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst“? (Die Bibel, Psalm 8). Ich stelle mir vor: Da steht einer unterm Sternenhimmel, schaut hoch, staunt und fühlt sich ganz klein. Wer sind wir denn, angesichts der Weiten des Universums? Und doch denkst du an uns, Gott.

Da höre ich eine tiefe, erstaunte Dankbarkeit. Gott ist menschenfreundlich. Er bleibt nicht fern, er kommt zu uns in unsre Welt. Aus Liebe. Genau das feiern wir an Weihnachten. Gott kommt zur Welt. Für mich ist das noch ein Grund mehr, zu staunen. Und ein Grund, selbst menschenfreundlich zu sein und gut auf andere achtzugeben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27714
weiterlesen...