Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Fürchte dich nicht, Maria.[1] Am Anfang steht ein Wort gegen die Angst. Es ist an eine junge Frau gerichtet. Sie wird von jetzt auf nachher in den Mittelpunkt der gesamten Menschheit gestellt. Ohne gefragt zu werden. So sehr, wie sie es sich nie vorstellen könnte. Auf einmal hängt ungeheuer viel an ihr. Wie wird sie reagieren? Ob sie zustimmen kann und den Auftrag annehmen? Ist sie bereit, ihr Leben völlig neu auszurichten? Denn das wird von ihr erwartet: Sie soll ein Kind austragen. Beinahe wie eine Art Leihmutter. Sie hat das nicht geplant. Sie kennt den Vater nicht. Man sagt ihr lediglich: Du bist wichtig, du wirst gebraucht. Das Kind hat eine große Zukunft. So ein Einschnitt im Leben macht Angst, große Angst. Veränderungen beunruhigen grundsätzlich. Je größer sie sind, desto mehr. Die junge Frau muss gut überlegen, ob sie sich das zutraut.

Wenn einen die Angst überkommt, verliert man leicht den Boden unter den Füßen. Und kann in der Situation kaum etwas dagegen machen. Ich weiß das aus eigener Erfahrung. Weil ich eine Zeitlang in meinem Leben mit großer Angst zu kämpfen hatte. Die körperlichen Symptome waren grässlich: Mein Herz raste. Kalter Schweiß stand mir auf der Stirn. Ich wusste gar nicht, woher das kam. Ich wollte weglaufen und konnte nicht. Im nachhinein weiß ich, dass das gerade richtig war: Nicht weglaufen, aushalten, weiter atmen, den nächsten Schritt tun. Und mir zu sagen: „Thomas, die Angst wird nicht das letzte Wort behalten.“

Maria hat das Glück, dass sie dieses Versprechen direkt zugesprochen bekommt. Von Gott, von seinem Engel: Fürchte dich nicht! Tatsächlich scheint das ihr Vertrauen entscheidend gestärkt zu haben. Was ich sehr bewundere, weil ich mir das bestimmt so nicht zugetraut hätte. Bei Maria scheint das der ausschlaggebende Punkt gewesen zu sein. Am Anfang, als Fundament: ein Signal gegen die Angst, auf das sie sich verlässt.

Dann geschieht Großartiges. Gott kann mit Marias Hilfe auf die Welt kommen. Das feiern wir an Weihnachten. Weihnachten bedeutet für mich auch, dass die Angst nicht siegen wird. Dass es sich lohnt zu vertrauen. Ich habe mir für den Advent vorgenommen, mir diesen Satz täglich zu sagen: „Fürchte dich nicht, Thomas.“ Meine Aufgabe ist beileibe nicht mit der von Maria zu vergleichen. Aber ein bisschen Gott in die Welt bringen, das möchte ich auch.



[1] Lk 1,30

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27666
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