Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das Wörtchen „nicht“ ist ein kleines Wort. Aber es hat eine große Wirkung. Als meine Kinder noch jünger waren, haben sie ein Spiel gespielt. Um den anderen zu ärgern, wie Geschwister das gerne mal tun. Wenn der eine etwas Gutes über sich gesagt hat, hat der andere schnell ein „nicht“ hinterhergeschoben. Wenn also zum Beispiel mein Sohn gesagt hat „Ich bin echt schlau“, kam von meiner Tochter postwendend ein „nicht“. Grammatikalisch nicht elegant, aber wirkungsvoll: mein Sohn hat sich geärgert.

Wenn ich in der Bibel lese, fällt mir auf: Gott sagt auch ziemlich oft „nicht“. Allerdings nicht um die Menschen zu ärgern, sondern um ihnen neue Perspektiven und neue Wege zu zeigen. Zum Beispiel Mose. Den hatte eine ägyptische Prinzessin adoptiert. Aber eigentlich war er der Sohn von hebräischen Sklaven, die hart arbeiten mussten. Im Affekt hat der junge Prinz Mose einen besonders brutalen Sklavenaufseher erschlagen. Er hat sich eben doch seinen Landsleuten verbunden gefühlt. Um der Strafe zu entgehen, musste er fliehen. In einem fernen Land ist er Schafhirte geworden. Mose hat gedacht: „Das bleibe ich für den Rest meines Lebens“. „Nicht“ hat Gott zu ihm gesagt. „Du wirst nicht Schafhirte bleiben, sondern in meinem Auftrag mein Volk Israel aus der Sklaverei in die Freiheit führen“. Und so ist es dann auch gekommen.

Am lautesten ist für mich das „nicht“, das Gott bei der Kreuzigung von Jesus gesagt hat. „Es ist alles aus“, haben die Anhänger von Jesus gedacht als Jesus tot war. „Nicht“, hat Gott widersprochen. „Es ist nicht alles aus“, hat er gesagt und Jesus von den Toten auferweckt. Und aus den traurigen, niedergeschlagenen Anhängern sind begeisterte Männer und Frauen geworden. Ihre Perspektive hat sich um 180 Grad geändert.

Das „Nicht“ Gottes schafft neue Sichtweisen und neue Wege. Ich vertraue darauf, dass Gott es auch zu mir sagt. Dass Gott auch den mutlosen Sätzen, die mir durch den Kopf gehen, ein „nicht“ hinterherschiebt. Ich denke: „Das schaffe ich nie“ – Gott sagt „nicht“. Deshalb versuche ich es. Ich denke: „Es bleibt alles beim Alten“ – „nicht“, sagt Gott. Also suche ich neue Wege. Ich denke: „Man kann ja eh nichts ändern“ Gott sagt „nicht“ Also fange ich im Kleinen an. Ich denke: „Ich habe Angst“. „Nicht“, sagt Gott, oder – grammatikalisch eleganter: „Fürchte Dich nicht!“ Und ich bekomme neuen Mut und neue Hoffnung.

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