SWR1 3vor8

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Werde ich gerettet? Wenn es einmal soweit ist und mein Leben aufhört? Oder muss ich fürchten, dass alles umsonst war, dass es zumindest nicht reicht und ich untergehe. Momentan ist diese Frage meistens ziemlich weit weg von mir. Sie kommt mir beinahe unrealistisch vor. Gleichzeitig weiß ich, dass es irgendwann soweit ist und ernst wird. Ich hoffe, dann zu jenem Volk zu gehören, von dem es beim Propheten Daniel heißt: Doch dein Volk wird in jener Zeit gerettet, jeder, der im Buch verzeichnet ist.[1] Wer heute am katholischen Gottesdienst teilnimmt, wird mit einer messerscharfen Alternative konfrontiert: Gehöre ich zum richtigen Volk, steht mein Name in jenem Buch? Ja oder nein?! Wer zu Gottes Volk gehört, wird gerettet. Wobei mit dem Volk, das Gott sich erwählt hat, etwas ganz anderes gemeint ist, als Teil eines bestimmten Landes zu sein. Was muss ich dafür tun, um dazuzugehören? Ich ahne sofort: Nur „Hier“-Schreien wird nicht genügen. Die Eintrittskarten werden nicht verschenkt. Und einen Personalausweis gibt es dafür auch nicht.

Der Begriff Volk erlebt in unseren Tagen eine fragwürdige Renaissance. Von vielen wird Volk mit der nationalen Zugehörigkeit gleichgesetzt. Also: Wer ein Deutscher ist, ein Italiener, ein Ungar. Aber bei Gott wird dieser Begriff ganz anders definiert. Da geht es nicht um den Ort der Geburt, um Blut und Boden, sondern um ganz andere Gesichtspunkte. In der Bibel wird unentwegt davon berichtet, wie Gott sich Israel zwar zum Volk erwählt hat, dieses Volk aber andauernd von dem Weg abkommt, den Gott vorgibt. Der Weg mit Gott ist den Israeliten zu anstrengend. Sie schielen nach anderen Göttern, wo es leichter sein könnte, das Heil zu finden. Sie werden müde, weil ihnen alles zu lange dauert und sie verlieren die Geduld. Und ganz oft verstehen sie einfach nicht, was Gott eigentlich von ihnen erwartet: Barmherzigkeit statt Opfer, Verzeihen statt Rache. Wenn das Volk Israel auf den falschen Weg kommt, verlangt Gott von ihnen, dass sie umkehren. Nur wer das schafft, wird gerettet. Der Weg dazu steht offen. Immer.

Ich will nicht umsonst gelebt haben. Ich hoffe, mit meinem Leben etwas Gutes getan zu haben. Ich bemühe mich, ein kleiner nützlicher Teil im großen Miteinander der Welt gewesen zu sein. Und wo ich Fehler gemacht habe, wo ich ein schlechter Mensch war, da versuche ich, sie wieder gut zu machen. Es tut mir gut zu merken, dass andere das auch so machen. Ich suche die Menschen, mit denen ich an einem Strang ziehen kann, wenn es darum geht, gegen Unrecht die Stimme zu erheben und Menschen in Not zu helfen. Ja, sie zum Teil jenes Volkes zu machen, das gerettet wird. Ganz egal, wo Menschen sonst ihre Grenzen ziehen.

 33. Sonntag im Jahreskreis B (Daniel 12,1-3)


 

[1] Dan 12,1

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27609
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