Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Steuererklärung, Versicherungen abschließen, Autoreifen wechseln – es gibt Dinge, die mache ich echt ungern. Nicht weil sie besonders schlimm oder schwer sind. Ich weiß, dass ich das alles hinbekomme und dass es im Vergleich dazu auch richtige Probleme und echte Katastrophen gibt. Aber wenn ich schon an den Ordner mit den gesammelten Steuerunterlagen denke, sinkt meine Laune in den Keller und in meinem Kopf schreit es nur: fürchterlich!

Beim Improvisationstheater habe ich mir abgeschaut, dass ich mit solchen nervenden Alltagsherausforderungen auch anders umgehen kann. Dort gibt es das Au ja-Prinzip. Das ist eigentlich ganz einfach. Alle, die mitspielen, laufen herum und wenn einer ruft: „Los! Lasst uns alle auf einem Bein hüpfen!”, antworten alle: „Au ja!” und beginnen begeistert auf einem Bein zu hüpfen. Hinter dieser Übung steckt die Idee, dass wir lernen, mit festen Vorgaben umzugehen. Sie zu akzeptieren und sich davon nicht blockieren zu lassen.

Das habe ich ausprobiert. Ich hab einen neuen Handyvertrag gebraucht und hing endlos in der Warteschleife. Die Wartezeit ist durch mein gedachtes „Au-ja!“ nicht kürzer geworden, aber ich konnte sie besser aushalten. Oder als ich mit dem Rad unterwegs war und es plötzlich angefangen hat zu regnen. Mein erster Gedanke war „oh-nein“, aber dann hab ich ein „Au-ja, Regen!“ dagegengesetzt. Regen mit guter Laune ist wirklich besser als Regen mit schlechter Laune.

Ich weiß, dass dieses Prinzip nicht immer funktioniert. Liebeskummer wird nicht schöner durch ein Au ja. Und eine Krankheit bleibt eine Krankheit. Aber das „Au-ja-Prinzip “ zeigt mir, dass ich mich entscheiden kann, wie ich unangenehmen Dingen begegnen will. Vor allem, wenn ich sie sowieso nicht ändern kann. Aber wenn ich akzeptiere, dass es weh tut und ich enttäuscht bin, dann ziehen sie mich nicht völlig runter. Manchmal gelingt es mir sogar, wieder zu erkennen, wie schön das Leben auch sein kann.

Vielleicht probieren Sie es heute einfach mal aus: wenn Sie im Stau stehen oder im Büro ungeliebte Arbeiten auf Sie warten. Sie müssen ja nicht mit den großen Problemen in Ihrem Leben beginnen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass der Tag schon allein dadurch besser werden kann, wenn nervende Kleinigkeiten mit einem „Au-ja!“ erledigt werden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27567
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