Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es gibt die klassischen Werke der Barmherzigkeit, z.B. Traurige trösten und Hungernden zu essen geben. Seit ein paar Jahren gibt es sieben neue Werke der Barmherzigkeit. Also sieben Richtlinien wie Menschen sich gegenseitig gut tun können. Sie sind nach einer Umfrage von Mitgliedern der Kirche im Bistum Erfurt entstanden und hier sind sie: Einem Menschen sagen: Du gehörst dazu, ich rede gut über dich, ich höre dir zu, ich gehe ein Stück mit dir, ich teile mit dir, ich besuche dich und ich bete für dich.

 

Grund für diese neue Formulierung war der 800. Geburtstag von Elisabeth von Thüringen.

Heute ist ihr Gedenktag. Geboren als Königstochter und später Ehefrau des Landgrafen von Thüringen hat sich Elisabeth täglich darum bemüht, anderen Gutes zu tun. Kinder, die nichts zu essen haben, lädt sie zu sich in die Schlossküche ein. Während einer Hungersnot verteilt sie die Kornreserven der Burg an die Armen – ohne dass ihr Mann das weiß. Und damit nicht genug: Elisabeth sucht auch den direkten Kontakt zu den Kranken und Sterbenden. Sie wäscht eiternde Wunden und näht Totenhemden.

Über 800 Jahre später gibt es für diese Dienste heute in unserem Land Gesetze und Institutionen, die sich darum kümmern, dass keiner wirklich verhungern oder verdursten muss. Dass Tote begraben werden und dass Fremde unterstützt werden. Das ist gut so. Und trotzdem gibt es auch bei uns Nöte und Sorgen, die Menschen umtreiben. Und darauf antworten die sieben neuen Barmherzigkeitstaten. Zwei sprechen mich besonders an:

Gut über jemanden reden. Ich gebe zu, das ist nicht so leicht. Über die Ecken und Kanten anderer lässt sich gut lästern. Aber ich weiß, wie gut es tut, wenn ich mich darauf verlassen kann, dass andere gut über mich reden – auch, wenn ich nicht dabei bin.

Das zweite „neue“ Werk der Barmherzigkeit, das mich anspricht, ist, jemandem zu sagen: ich höre dir zu. Und zwar so richtig. Dafür muss ich nicht nur die Ohren spitzen, sondern auch ein offenes Herz haben. Mich mit meinen eigenen Themen zurückhalten, um mich ganz in die Situation des anderen hineinversetzen zu können. Das braucht Zeit und Aufmerksamkeit, aber ich weiß aus eigener Erfahrung, wie wertvoll es ist, wenn ich mir mal alles von der Seele reden kann.

Einem Menschen sagen, ich rede gut über dich und ich höre dir zu. Der Gedenktag der Heiligen Elisabeth ist ein guter Grund für mich, ganz praktisch zu üben, wie Nächstenliebe heute gelebt werden kann.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27566
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