Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Jeden Morgen nehme ich die Zeitung und sehe die Todesanzeigen durch. Wenn mein Name da nicht steht, mache ich einfach so weiter wie bisher.“

 

Das hat der Jazz-Musiker Dizzy Gillespie gesagt. Und nüchterner kann man mit der täglichen Bedrohung auf den letzten Seiten der Tageszeitung kaum umgehen. Das Leben geht weiter für uns, die wir bleiben. Wir werden aber mit den Todesanzeigen Anderer auch an unsere eigene Sterblichkeit erinnert. Und je älter wir werden, desto öfter sehen wir unsere Jahrgänge dort stehen. Todesanzeigen sind aber nicht nur Erinnerungen an unsere Sterblichkeit, sie sind das volle Leben, verdichtet in ein paar Zahlen und Zeilen. Und die können tief berührend sein, wunderschön oder auch provozierend positiv. Wenn sie zum Beispiel mit Sätzen wie diesen eingeleitet werden: „Wer nicht stirbt hat nie gelebt“. Oder: „Wer weiß denn, ob das Leben nicht Totsein ist und Totsein Leben?“ Von einer verhaltenen Dankbarkeit zeugt dieser Satz: „ Wenn man sich das so richtig überlegt, dann war das Allerhand“. Unfreiwillig komisch können sprachliche Missgeschicke sein, wenn es in einer Todesanzeige heißt: „Meine liebe Frau hat Gott zu sich genommen.“ Oder wenn durch die Verwechslung von nur 2 Buchstaben nicht vom „geliebten“ Vater Abschied genommen werden muss, sondern vom „geleibten“ Vater…

Immer tröstlich sind Bibelzitate wie dieses aus dem Buch der Offenbarung: „Gott wird jede Träne von ihren Augen abwischen, der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, Klage und kein Schmerz“ (Offb. 21,4) Und hoffnungsvoll ist diese Sicht des Theologen Romano Guardini: „Der Tod ist die uns zugewandte Seite jenes Ganzen, dessen andere Seite Auferstehung heißt.“

Am meisten berühren mich aber die Liebesbekundungen, die in den Todesanzeigen stehen, voll von Schmerz, Dankbarkeit und einer Verbundenheit die auch durch den Tod nicht zu trennen ist. Mit Sätzen wie: „Wenn es keine Worte gibt, trägt die Stille die Gedanken und Gebete derer die dich lieben.“ Und zum Schluss noch einer meiner Lieblingssätze aus dem vollen Lebensschatz der Todesanzeigen: „Wenn die Liebe einen Weg zum Himmel fände, und Erinnerungen Stufen würden, dann würde ich hinaufsteigen und dich zurückholen.“

 

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*Quellennachweis: Schwäbisches Tagblatt, 19.05.18 und Januar 18 und

„Aus die Maus“- Ungewöhnliche Todesanzeigen, von Matthias Nölke und Christian Sprang, Kiepenhauer&Witsch, Köln, 2009.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27483
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