Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es war nur ein kurzer Anruf am frühen Morgen. Danach war alles anders. Marie hat erzählt, was sie innerhalb kürzester Zeit organisieren musste nachdem ihre alte Mutter gestürzt war. Berufstätig in einer anderen Stadt, waren schon die täglichen Besuche im Krankenhaus eine Herausforderung. Außerdem war schnell klar, dass die alte Dame nicht weiter alleine in ihrer Wohnung leben konnte. Also musste nebenbei noch ein Pflegeplatz gesucht werden. Das alles obwohl Marie kein unkompliziertes Verhältnis zu ihrer Mutter hat. Der eigene Alltag mit Haushalt, Mann und Kindern ging natürlich trotzdem weiter.

Das sind die Situationen, in denen ein Mensch funktionieren muss. Egal wie die Umstände sind. Es gibt unzählige Varianten. Das kann die eigenen Kinder betreffen, die plötzlich mehr unterstützt werden müssen als man gedacht hat. Das kann im Betrieb sein, weil eine Kollegin von jetzt auf nachher ausfällt und ihre Arbeit trotzdem gemacht werden muss. Das kann auch nach einem Umzug oder einer Trennung sein. Ich hab das selbst oft genug erlebt. Da weiß ich dann: Ich komm da jetzt nicht drum herum, ich muss da durch. Meistens schaffe ich es auch irgendwie. Wenn ich Glück habe, gibt es noch jemanden, der sieht, was ich gerade leiste. Aber oft scheinen diese Anforderungen so normal, dass sich keiner wundert wenn ich sie bewältige. So hat das auch Marie erlebt. Bis ihr jemand geschrieben hat: „Ich wünsche dir unendlich große Würdigung für deinen inneren und ganz praktischen Einsatz. Was du gerade aushalten und leisten musst, ist nicht selbstverständlich.“

Das hat ihr gut getan. Für einen Moment hat sie inne halten und aufatmen können. Es eben nicht selbstverständlich finden, was sie alles geschafft hat. Sich womöglich noch schlecht fühlen, weil sie das ein oder andere sicher hätte noch besser machen können.

Wir sind es nicht gewohnt selbst zu würdigen, wenn uns etwas gut gelingt. Oder wenn wir etwas ausgehalten haben, was nur schwer auszuhalten war. Es ist gut das zu lernen: Sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Und es ist immer wichtig, wenn das andere für einen tun.

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