Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Das Abschlussfest unseres ersten Jahrgangs der Gemeinschaftsschule. Menschen aus allen Bildungsschichten in Tübingen sind zusammen gesessen und haben den Schulabschluss ihrer Kinder gefeiert. Abschlusszeugnisse für die Hauptschule und die Realschule sind überreicht worden. Einige Schüler und Schülerinnen machen weiter in der Oberstufe bis zum Abitur. Alle haben einen Schulabschluss geschafft. Bemerkenswert viele haben einen Preis oder eine Belobigung bekommen.

Seit sechs Jahren gibt es in Baden-Württemberg Gemeinschaftsschulen. Schüler und Schülerinnen aller Bildungsschichten lernen gemeinsam in einem Klassenzimmer. Lehrer sollen alle zusammen so unterrichten, dass jeder lernt und arbeitet wie es ihm möglich ist.

Ich selbst arbeite in der Grundschule dieser Gemeinschaftsschule in Tübingen. Ich weiß noch, wie begeistert und motiviert meine Kollegen angefangen haben in dieser neuen Schulart zu unterrichten. Obwohl viele skeptisch waren und gar nicht verstanden haben, warum diese Schulart überhaupt eingeführt wird. Es war dann immer wieder auch schwierig. Dem Zauber des Anfangs folgten harte Jahre. Ich hatte oft den Eindruck, diese Schulart überfordert alle. Geflüchtete Jugendliche, die bisher kaum Deutsch sprechen. Jugendliche, denen keiner mehr einen Schulabschluss zugetraut hat. Jugendliche aus bildungsärmeren Elternhäusern und solche, die locker auf einem Gymnasium zurechtgekommen wären. Sie alle waren zusammen in einer Klasse.

Erfolgreich, wie beim Abschlussfest zu sehen war. Trotz allem, was schwierig war. In diesem Jahrgang ist die Idee der Gemeinschaftsschule aufgegangen. Jugendliche aus allen Bildungsschichten haben miteinander gelernt, gute Abschlüsse gemacht und von der Mischung profitiert.

Ich finde, es lohnt sich, diese Idee weiter zu entwickeln. Weil Jugendliche dann auch nach der Grundschule weiter in der bunten vielfältigen Gesellschaft gemeinsam lernen und leben.

Gesamt gesellschaftlich würde jeder gewinnen, wenn er schon in der Schule lernt: Ich bin anders als die anderen. Ich lerne anders. Ich kann etwas anderes als die anderen. Ich komme aus einem anderen Elternhaus. Wir alle sind Menschen und können uns respektieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27344
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