SWR1 3vor8

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Dritter Adventssonntag
Im Wartesaal (Jakobus, 5, 7-10)

Ich bin Peter Kottlorz von der Katholischen Kirche. Einen schönen guten Morgen!
Eine Stunde Warten für eine Minute Information! Mein Sohn liegt im Krankenhaus und seine Schmerzen wollen und wollen nicht weniger werden. Ich möchte einen Arzt sprechen und der freundliche Krankenpfleger schickt mich in die Ambulanz wo mich der Arzt gleich reinrufen werde. Aber irgendwie scheine ich in die Warteschleife der Patienten geraten zu sein und aus dem „gleich“ wird eine Stunde. Eine sehr lange Stunde...
Und da sitz ich nun ohne irgendwas zum Lesen oder zum Ablenken, nur mir selbst und der Sorge um meinen Sohn ausgeliefert – und warte... Warten – in einem der Texte die heute in den Katholischen Kirchen gelesen werden geht es genau darum: ums Warten. Im Jakobusbrief erfährt man von der Ungeduld einer christlichen Gemeinde so 50/60 Jahre nach dem Tod Jesu.
Die ersten Christen lebten in einem Zustand der Naherwartung, das heißt sie erwarteten die Wiederkunft Jesu und damit das Ende, das selige Ende der Zeit. Er kam aber nicht und so fingen sie an ungeduldig und unzufrieden zu werden. In diese Situation hinein mahnt der Verfasser der Jakobusbriefes zur Geduld: „Auch der Bauer wartet auf die kostbare Frucht der Erde, er wartet geduldig bis im Herbst und im Frühjahr der Regen fällt. Ebenso geduldig sollt auch ihr sein. Macht euer Herz stark, denn die Ankunft des Herrn steht nahe bevor“, schreibt er. Das ist jetzt rund 2000 Jahre her und der Herr ist bis heute nicht wiedergekommen. Aber was sind bei Gott schon 2000 Jahre und so warten die Christen bis heute.
Und worauf warten die Menschen eigentlich im Advent? Auf Weihnachten natürlich, klar. Aber ich glaube hinter dem Warten auf dieses so gefühlsbeladene Fest verbirgt sich eine tiefe Sehnsucht. Eine Sehnsucht nach mehr. Nach mehr als nur diesem emotionalen Fest. Nach mehr als Geschenken. Im Advent steckt die Sehnsucht nach einem besseren und schönerem, nach einem helleren und wärmeren Leben. Einem an Leib und Seele heilen oder wenigstens heilerem Leben. Ganz konkret: Dass mein Sohn bald seine Schmerzen losbekommt. Dass der gerade in diesem Advent schon wieder arbeitslos gewordene Freund nicht verzweifelt. Dass die Beziehungskrise einer Freundin sich wieder löst.
Die adventliche Atmosphäre verstärkt diese ganz konkreten Wünsche und Sehnsüchte. Aber auch die, die jenseits von Konflikten, Krankheiten und persönlichen Katastrophen liegen: Dass das Leben als Ganzes schön und heil und geborgen wird. Nicht nur zur Weihnachtszeit...
Ich wünsche Ihnen einen schönen 3. Advent https://www.kirche-im-swr.de/?m=2724
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