Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Die Welt ist nicht das Paradies - leider. Menschen behandeln einander wie Wölfe, viele werden zu Opfern und erleben unglaubliches Leid. Und auch die Naturgewalten schaffen Opfer, wenn es Erdbeben gibt, Wirbelstürme, Tsunamis oder Dürreperioden.

Andererseits beten wir Christen seit Jahrhunderten: „Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.“ Und ich frage mich manchmal: Kann das, was geschieht, der Wille Gottes sein? Leid, Unrecht, Gewalt? Manche meinen ja, gerade auch die schlimmen Erfahrungen seien von Gott geschickt, als Strafe für die Menschen, die Böses tun. Aber erleiden müssen es alle, auch „Unschuldige“. Kann das Gottes Wille sein, Leiden und Tod für Säuglinge und Kinder? Oder sind das die gewalttätigen Phantasien von Menschen, die so denken?

Ich bezweifle, dass die schlimmen Erfahrungen Gottes Wille sind. Wieso ich darauf komme?
Weil Jesus gesagt und gezeigt hat, was Gott will. Dazu ist er in die Welt gekommen. Von ihm höre ich: „Seid barmherzig miteinander!“ – denkt also nicht immer gleich an Strafe, sondern überlegt, wie es besser gehen kann. Jesus hat auch gesagt: „Schafft Frieden“ – seid bereit, den ersten Schritt zu tun, auch wenn das für euch vielleicht erst einmal nach Schwäche aussieht. Ich glaube: So hat Jesus beschrieben, was Gottes Wille ist. Und wie die Welt erst noch werden muss.

Er hat aber auch „ja“ gesagt zu unserer Welt, die auch zu seiner Zeit nicht das Paradies war. Als die Mächtigen seiner Zeit ihn verfolgt haben, hat er gebetet, dass ihm das Schlimmste erspart bleiben möge. Und dann trotzdem auch ja gesagt zu seinem Schicksal. „Dein Wille geschehe!“ hat Jesus gebetet (Mt 26, 24). Er hat sich Gott anvertraut, auch im Leiden.

Ich finde das nicht leicht, sich mit dem Bösen abzufinden, das geschieht. Gottes Wille ist das bestimmt nicht. Aber die Menschen sind frei, zu tun, was sie wollen. Kann ich Gott deshalb Vorwürfe machen? Es sind doch die Menschen, die nicht tun, was gut wäre! Und die Naturkatastrophen? Auch der Natur lässt Gott ihren Lauf. Vieles ist unfassbar schön – und manchmal gibt es schreckliche Katastrophen. Vielleicht sehe ich das Schöne nur, weil ich auch das Schreckliche kenne?

Ich wünsche mir, dass diese schöne Welt erhalten bleibt für meine Kinder und Enkel. Dass sie erhalten bleibt, bis die Welt Gottes da ist, in der es das Schreckliche nicht mehr geben wird. Deshalb bete ich auch weiter: „Dein Wille geschehe“. Und ich will dafür tun, was ich kann damit Gottes Wille  geschieht – auch auf Erden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27219
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