SWR1 3vor8

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Es ist schwierig, andere auf einen Fehler aufmerksam zu machen. Wie machen Sie das?
Neulich bin ich den ganzen Tag mit falsch geknöpfter Bluse herumgelaufen. Sah komisch aus. Ich habe es erst abends gemerkt. Da war es mir peinlich. Ob die Leute mich deshalb so komisch angeschaut haben? „Warum hast Du denn nichts gesagt“, habe ich meine Kollegin gefragt. Und sie: „Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen“. Ob ich auch geschwiegen hätte? Was hätten Sie getan?

Das Gegenteil habe ich einmal auf dem Fußballplatz beobachtet. Da hat ein Vater seinem 10jährigen zugebrüllt: „Nun hau den Dreckskerl doch auch mal um.“. Neben ihm stand eine Mutter, die sich beschwert hat: „Ich möchte nicht, dass Sie die Kinder auffordern, unfair zu spielen“. „Kümmern Sie sich um ihre eigenen Angelegenheiten“, hat sie zur Antwort gekriegt. Da war sie beleidigt.
Es ist schwierig, andere auf Fehler aufmerksam zu machen. Wie machen Sie das?

Paulus rät den Christen  Folgendes: „Wenn sich jemand zu einer Verfehlung hinreißen lässt, dann sollt ihr ihn zurechtweisen. Ihr seid ja vom Geist Gottes geleitet. Ihr sollt ihm voll Nachsicht wieder zurechthelfen“. (Gal 6, 1). Heute wird in den evangelischen Gottesdiensten darüber gepredigt.

Mit Nachsicht also. Man könnte auch sagen: Rücksichtsvoll. Jesus  hat mal geraten: „unter vier Augen“ (Mt 18,5). Den anderen also nicht bloßstellen. Denn andernfalls wird es peinlich. Dann tut es weh, wenn man auf einen Fehler hingewiesen wird und wenn es irgend geht, wehrt man sich: „Was geht Sie das an?  Kümmern sie sich um ihren eigenen Kram“. Man schlägt zurück: „Sie werden schon sehen, was für ein Weichei sie da heranziehen.“ Oder man versucht, sich zu rechtfertigen: „So geht es halt zu in der Welt. Die Jungs müssen rechtzeitig lernen sich durchzusetzen.“

Paulus schreibt: Wenn man es nachsichtig tut, könnte es gehen. Nicht vorwurfsvoll also. „Was sind Sie bloß für ein Vater!“ Auch nicht von oben herab: „ich weiß, was Fairness ist, ich bin ein besserer Mensch als Sie“ Das macht die anderen bloß wütend. So kann sich nichts ändern.

Zurechthelfen, sagt Paulus. Die Kollegin hätte mich ohne viel Aufsehen aufmerksam machen können auf die falsch geknöpfte Bluse. Dann hätte ich das in Ordnung gebracht. Ich wäre froh gewesen, dass ich nicht länger so herumlaufen musste. Und der Vater auf dem Fußballplatz? Vielleicht hätten die Eltern später gemeinsam überlegen können, was man machen kann, damit die Kinder nicht jedes Mal mit blauen Flecken und Schrammen nach Hause kommen. Das wäre dem Vater wahrscheinlich auch Recht.

Fehler zur Sprache bringen – aber so, dass es besser werden kann. Dann kann sich was ändern. Und darum geht es.

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