Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Wie kann man beten, wenn man es nicht gewohnt ist? Geht das überhaupt? Ausgerechnet ein Deutsch-Rapper macht es vor: Sido, ein Rapper und Musikproduzent aus Berlin. Ich habe dem Text von Sido fasziniert zugehört. Im Kehrvers sagt er mehrmals: „Das hier ist kein Gebet, ich will nur danke sagen.“

Er redet mit Gott. So wie man mit jemandem redet, den man lange nicht mehr gesehen hat. Er erzählt, warum er damals sauer auf Gott war, als er das Gefühl hatte: der kümmert sich nicht. Er erzählt, was er inzwischen erlebt hat. Und wie er heute manchmal denkt: da ist doch jemand, der auf mich achtgibt. Jetzt einfach beten, nach langer Zeit? Das kommt ihm komisch vor. Aber „danke sagen“, das ist ihm trotzdem wichtig. Das ist jetzt dran. Ihm fällt eine Menge ein, wofür er danke sagen kann. Also sagt er, was ihn beschäftigt, wenn er an die letzten Jahre denkt.

Und wo er nun schon mal angefangen hat, Gott etwas zu sagen, da erzählt er ihm auch gleich, was ihm zu schaffen macht. Er sorgt sich um manche Leute. Ihm selbst geht es jetzt gut. Aber er sieht andere, die in sozialem Elend leben und da nicht rauskommen. Ihm fallen einige Leute ein, die bitter nötig haben, dass mal einer nach ihnen schaut und sich kümmert. „Guck doch nicht einfach zu. Nimm's in die Hand, so wie bei mir“.

Mich berührt, wie er für andere bittet. Er vertraut sie Gott an. Wobei – das Wort „Gott“ kommt in seinem Gebet nicht vor. Er sagt nur „Du“. Einfach nur „Du“. So spricht er Gott an. Für mich klingt es wie ein Ehrentitel.

Ich weiß nicht, ob Sido sich als gläubig bezeichnen würde. Aber mit seinem Gebet knüpft er daran an, wie Menschen schon in alten Zeiten mit Gott gesprochen haben. In der Bibel stehen viele solcher Gebete. Da haben Menschen Gott als „Du“ angesehen. Als jemanden, mit dem ich reden kann. Einfach so. Mein Herz ausschütten. Diesem Gott kann ich mich anvertrauen. Ich kann auch mit ihm streiten, wie Sido das erzählt. Ich kann ihn für andere bitten, deren Elend mir nahe geht. Und ich kann danke sagen.

Vielleicht fallen mir nicht immer die richtigen Worte ein. Vielleicht hatte ich längere Zeit Sendepause. Er aber ist da und hört. Er hört zu. Auch wenn ich mich ganz vorsichtig an ihn herantaste und sage: „Das hier ist kein Gebet, ich will nur danke sagen!“

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