Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ein aufregender Satz ist das, den Kardinal Marx gesagt hat: „Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht.“[1] Es gefällt mir, dass einer unserer Bischöfe klar Stellung bezieht. Weil ich das sonst oft vermisse. Aber die Botschaft Jesu ist nicht beliebig oder austauschbar. Was Jesus sagt, und was dem entsprechend die Grundlage für die Kirche sein muss, ist meistens sehr eindeutig. Das mag manche Leute erschrecken. Sie verbinden mit dem christlichen Glauben etwas Harmloses. Und sie verwechseln dabei die Nächstenliebe damit, es jedem Recht machen zu wollen. Das darf die Kirche aber nicht.

Wo Menschen nach ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer nationalen Herkunft beurteilt werden, da kann die Kirche sich nicht vornehm zurückhalten. Da muss sie deutlich werden und sagen: So nicht. Mit uns nicht. Das meint Kardinal Marx, der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz. Und er denkt dabei wohl an manche hässlichen Töne, die aus der politischen Debatte an sein Ohr dringen. Zuerst die Deutschen, dann die anderen. Manche Hörer meiner Beiträge fragen mich, ob ich denn die eigenen Leute und deren Interessen gar nicht sehen wolle. Die anderen können etwas abhaben, wenn noch was übrig ist. Denen kann ich mit Berufung auf Kardinal Marx nur sagen: Das ist nicht katholisch. Und auch wenn Marx so deutlich nur für seine Konfession sprechen kann, gilt das meiner Meinung nach ebenso für die anderen christlichen Kirchen: Das ist nicht christlich. Nationalist sein und Christ sein, das geht nicht.

Worauf beruft sich Marx, wenn er so spricht? Das muss jetzt auch gesagt werden. Ich vermute, er hatte jene Stellen der Bibel im Hinterkopf, wo Jesus ausdrücklich Menschen zu Wort kommen lässt, die eben nicht Juden sind wie er. Denen traut er zu, dass sie auch einen Draht zu Gott haben; dass sie verstehen, was Gott wichtig ist und deshalb dem Menschen heilig sein soll, egal, wo er herkommt. Das berühmteste Beispiel dafür ist der Samariter, der dem Mann hilft, der unter die Räuber gefallen ist. Die eigenen Landsleute und Religionsführer laufen vorbei, als ob sie das nichts angehe. Aber der Fremde, der aus nationalen Gründen nicht verpflichtet wäre, der hält an und hilft und gibt sein Geld für den in Not aus. Sein Geld, das er sich bestimmt so hart erarbeitet hat, wie es die vielen bei uns oft behaupten, wenn sie anderen nicht helfen wollen, weil sie ja keine Landsleute sind.

Es ist gut und wird in diesen Tagen immer wichtiger: Zu sagen, was zum Glauben der Christen gehört und was nicht.

 


[1] Interview in DIE ZEIT Nr. 30/2018 vom 18.7.2018.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27113
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