Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Dass ein Paar Kinder bekommt, ist nicht selbstverständlich. Alle wissen das. Und doch ist es immer eine große Not: sich ein Kind zu wünschen, und es klappt nicht. Manche stellen ungeheure Anstrengungen an. Sie klügeln genau aus, wann die fruchtbarsten Tage sind. In vielen Städten gibt es sogenannte Kinderwunschpraxen. Ein ganzer Zweig der Medizin beschäftigt sich mit nichts anderem, als alles zu tun, was wissenschaftlich möglich und gesetzlich erlaubt ist, damit eine Schwangerschaft zustande kommt. Viele setzen sich dabei als Paar sehr unter Druck; was der Partnerschaft meistens nicht gut tut. Wenn es dann am Ende doch nicht klappt, ist die Enttäuschung oft riesig. Wie verständlich. Aber es ist eben auch nicht selbst-verständlich, ein Kind zu bekommen.

In der Seelsorge sind mir viele Paare begegnet, die keine Kinder hatten, obwohl sie es sich sehr gewünscht hatten. Dabei waren auch etliche, die ein Kind während der Schwangerschaft verloren haben. Manche schon in den ersten Wochen, andere später, und hin und wieder sind Kinder auch bei der Geburt oder kurz danach gestorben. Das waren schwere Gespräche, die ich da zu führen hatte. Auch deshalb, weil sich die Entmutigung, die große Trauer immer auf mich übertragen hat. (Es hat auch mich unglücklich gemacht zu hören und zu sehen, wie die Paare darunter leiden.)

 

Einem Menschen das Leben zu schenken ist wohl das Größte, wozuMenschen überhaupt in der Lage sind. Es ist - und das sage ich mit Bedacht - ein Wunder, wenn ein Mensch auf die Welt kommt. So ein kleines Geschöpf, so zart, so schutzlos, so vollkommen. Wir haben vieles in der Hand, meinen wir. Wir machen, was wir brauchen. Wir halten uns für die Herrscher der Welt. Aber die Geburt eines Kindes zeigt uns, dass es nicht so ist. Es gibt leider viele Paare, die keine Kinder bekommen oder ein Kind verlieren. Mehr als wir wissen oder vermuten. Diese Grenze gehört zur Welt, wie Gott sie gemacht hat. Auch wenn es bitter ist und schwer zu verstehen. Paare reden häufig nicht gern darüber, wenn sie ein Kind verloren haben, weil es so weh tut, weil sie nach vorne blicken wollen. Das ist verständlich und gut. Es kann aber auch helfen, sich auszusprechen und seinen Schmerz mit anderen zu teilen. Und auf diese Weise mehr und mehr versöhnt auf die eigene Lebensgeschichte zu schauen. Das braucht Zeit und verlangt Geduld. Ist aber, glaube ich, der einzige Weg, um Trost zu finden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=27111
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