Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Jesus hat die zwölf Apostel aufgefordert, das Reich Gottes zu verkünden. Jeweils zu zweit hat er sie in die Städte und Dörfer geschickt. Aber er hat sie auch gewarnt: Nicht jedermann wird euch freudig aufnehmen: „Wo euch jemand nicht annehmen wird noch eure Rede hören will, geht heraus aus demselben Hause oder der Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen.“ So wird Jesus im Matthäusevangelium (10, 14) zitiert. Die Straßen waren damals sicher staubig, aber was war der tiefere Grund, dass gerade in dieser Situation Jesus dieses Bild benutzt: „Den Staub von den Füßen schütteln“? Ich stelle mir vor, es muss für die Jünger Jesu sehr frustrierend gewesen sein. Begeistert haben sie von der Liebe Gottes gepredigt, aber nicht jeder wollte sie hören, nicht jeder ließ sich überzeugen. Da stellte sich die Frage, wie mit denen umgehen, die kein Interesse haben, die gleichgültig oder sogar feindlich eingestellt sind?
Für Christen ist klar: Niemand kann zum Glauben gezwungen werden und Gegner dürfen zwar mit Argumenten, aber nicht mit Waffen bekämpft werden. Dass trotzdem in der Geschichte des Christentums im Namen des Glaubens Menschen umgebracht wurden, ist eine traurige Wahrheit. Im Namen Christi Kriege zu führen und Andersgläubige zu töten, ist falsch. Abweichler, sogenannte Ketzer, zu foltern, auf dem Scheiterhaufen zu verbrennen oder zu köpfen ist barbarisch. Die christliche Botschaft der Nächsten- und Feindesliebe ist in diesen Fällen schlichtweg über Jahrhunderte hinweg vergessen worden. Jesus war da viel menschlicher und gelassener:
„Wo jemand eure Rede nicht hören will, … schüttelt den Staub von euren Füßen.“
Wenn das so einfach wäre! Mir gelingt das selten. Wenn mir jemand widerspricht oder meine Vorschläge oder Entscheidungen ablehnt, kann mich das verletzen und provozieren. Ich würde gerne Recht behalten oder mich verteidigen. Als Christ versuche ich, immer wieder loszulassen, zu akzeptieren was ist. Nicht mit der Brechstange Zustimmung erzwingen oder den eigenen Willen durchsetzen wollen, obwohl ich selber von meinen eigenen Ideen begeistert bin. „Wo jemand eure Rede nicht hören will, … schüttelt den Staub von euren Füßen.“ Das heißt für mich auch: nicht frustriert zu reagieren, wenn es nicht nach meinen Vorstellungen läuft. Mich nicht unnötig aufzuhalten, wenn ich Widerspruch ernte.

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