Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Fast jeder Mensch hat einen Rückzugsort, kennt einen geschützten Raum, an dem er sich geborgen und wohl fühlt. So ein Ort vermittelt das Gefühl, hier ist gut sein, hier bin ich zu Hause.
Dieser sichere Ort kann das elterliche Haus sein, ein Zimmer oder auch ein Raum in der Natur, eine Höhle, eine bestimmte Stelle im Wald. Es kann eine Kirche, ein Tempel, was auch immer sein. Ich glaube es gibt so viele „sichere Orte“ wie es Menschen gibt. Dieser Ort kann real existieren oder nur ein Ort in der Vorstellung sein, ein Phantasie-Ort. Diesen Ort aufzusuchen, ihn zu erreichen ist wie das Gefühl, nach einer längeren Reise wieder nach Hause zu kommen. Die Umgebung ist vertraut, alles ist dort, wo es hingehört.
Was, wenn man den sicher geglaubten Ort verliert? Die Wohnung, das Haus, den Garten? Dieser Verlust macht traurig. Die Gründe können unterschiedlich sein: Unfälle, Schicksalsschläge, Kriege und Hungersnöte. Oft unverschuldet verlieren Menschen ihre Heimat. Wer seinen sicheren Ort verloren hat, fühlt sich bedroht, gefährdet, hat Angst. Manche Menschen begleitet das unsichere Gefühl, eben keinen solchen Ort zu haben, von Anfang an in ihrem Leben. Sie fühlen sich als Menschen verloren in dieser Welt. Wenn man keinen sicheren Ort in der äußeren Welt hat, ist ein innerer sicherer Ort umso wichtiger.
Für mich ist so ein innerer sicherer Ort das Beten. Ich kann das immer und überall tun, in jeder Lebenslage, an jedem Ort. Natürlich ist es hilfreich, wenn auch der äußere Ort dazu passt, ein stiller Raum oder eine ungestörte Stelle in der Natur. Jesus ist für mich da ein Beispiel: vor seiner Verhaftung und Hinrichtung ist er in einen Garten gegangen, um zu beten. Beim Beten hat er zunächst gehadert, war sich nicht sicher, ob er seinen Weg wirklich so weitergehen soll, ob er bereit ist, für die Sache seiner Botschaft vom Reich Gottes zu sterben. Beim Sprechen mit Gott, beim Beten hat er Sicherheit gewonnen.
In Therapien ist das oft ein Thema. Seinen inneren sicheren Ort finden oder zumindest das Gefühl wiederfinden, hier bin ich bei mir, hier ist meine Heimat. Wem das gelingt, der kann dort wieder Kraft schöpfen, sich mit Lebensenergie wieder aufladen.
In turbulenten Zeiten oder wenn eine schwierige Aufgabe zu bewältigen ist: der sichere Ort in mir drin, das Beten, gibt mir Kraft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26854
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