Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Mein Kind soll mal selbst entscheiden, was es glaubt.“ Diesen Satz höre ich immer mal wieder. Meistens geht es dann um die Kindertaufe. Darf man kleine Kinder christlich taufen und damit in die Kirche aufnehmen? Also ohne dass sie schon selber „Ja“ sagen können? Oder ist das Bevormundung?

Ich verstehe diese Bedenken. Ich habe Respekt, wenn jemand das gewissenhaft durchdenkt. … aber ich würde auch gerne zurückfragen:

Lassen Sie Ihre Kinder denn auch sonst alles selbst entscheiden? Doch wohl kaum. Eltern legen zum Beispiel von Anfang an fest, welche Sprache ihre Kinder lernen. Nämlich in der Regel ihre eigene. Eltern bestimmen auch, wo und wie ihre Kinder aufwachsen, was sie essen, was sie lernen, … Sie prägen ihre Kinder also immer schon auf ihre Art und Weise. Sie geben ihnen mit, was ihnen wichtig ist und was sie für gut halten. Und das ist auch richtig so. Das ist die Aufgabe von Eltern.

… und auch eine Erziehung ohne Religion ist ja nicht neutral. Sondern ebenfalls eine bestimmte Weltanschauung. Auch damit bringt man Kinder schon in eine bestimmte Richtung, ob man will oder nicht.

Dazu kommt noch: Menschen können doch nur dann was von einem Glauben wissen, wenn sie ihn auch kennengelernt haben. Am besten auch mal praktisch ausprobiert. Und warum soll das nicht schon ganz früh passieren, als Kind? Die Taufe ist da ein guter Türöffner, finde ich. Kinder bekommen dann Kontakt zu ihrer Kirchengemeinde, sie werden eingeladen in die Krabbelgruppe oder in die Kinderkirche, sie haben Patinnen und Paten an ihrer Seite, … Ohne Taufe ist das alles vermutlich ein gutes Stück mühsamer.

… und zuletzt: Auch wer getauft ist, kann und muss sich ja irgendwann noch selbst entscheiden für oder gegen den Glauben. Diese Verantwortung nehmen Eltern ihren Kindern nicht ab, wenn sie getauft werden. Diese Freiheit haben sie so oder so. Und auch aus der Kirche können sie wieder austreten, wenn sie sich dort nicht am richtigen Platz fühlen. Oder sie finden dort eine Heimat und gestalten die Kirche mit.

Hier im Ort haben wir gestern wieder Taufen gefeiert. Einer der Täuflinge war 41 Jahre alt. Einer 14, einer drei, und drei Kinder waren noch kleiner. Eins gilt für sie alle gleich: Sie machen jetzt ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Glauben. Ich bin gespannt, wie es ihnen damit geht – und was sie dann in ihrem Leben daraus machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26802
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