Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Dürfen Evangelische jetzt bei uns zur Kommunion? Zumal wenn sie mit einem Katholiken verheiratet sind. Oder nicht? Das ist auf den ersten Blick eine sehr binnenkirchliche Frage. Aber sie wird gerade wieder einmal öffentlich diskutiert. Alle, die ohnehin der Kirche längst den Rücken gekehrt haben, reiben sich verwundert die Augen. Und fragen sich: Haben die keine anderen Probleme? Was manche Amtsträger dazu sagen wirkt jedenfalls hart und unmenschlich. Anspruch und Wirklichkeit klaffen dabei spürbar auseinander. Das bemerken alle. Die Fernstehenden und die Kirchgänger.

In Deutschland haben besonders viele Ehen beide Konfessionen. Auch bei einer großen Zahl von Paaren, deren Trauung ich als Pfarrer assistiert habe, war das so. Sie heiraten und gehen damit eine verbindliche Partnerschaft ein. Ich nehme ihnen das Versprechen ab, dass sie sich ein Leben lang treu bleiben, in Freud und Leid, bis der Tod sie scheidet. Aber das Brot des Lebens, das dürfen sie nicht gemeinsam essen. Da gehe jeder in seine Kirche. Oder einer von beiden enthalte sich der Kommunion, wenn das Gesangbuch nicht stimmt.

Ich habe es nie übers Herz gebracht, diese Maßgabe meiner Kirche in die Tat umzusetzen. Ich wäre mir schäbig vorgekommen, engstirnig und engherzig. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Jesus mit dieser Praxis einverstanden wäre. Ist er doch sogar mit den Sündern und Außenseitern an einem Tisch gesessen. Über die theologischen Fragen, die hinter der Position der katholischen Kirche stehen, brauche ich keine Belehrung. Ich weiß um die Unterschiede in der Lehre zwischen den beiden Konfessionen. Die diskutiere ich nicht weg. Aber ich stelle sie auch nicht an die oberste Stelle. Ganz oben steht für mich der Mensch, der mit Jesus Gemeinschaft haben will. Und durch ihn mit Gott. Der Mensch, der sich nach Liebe und Verbindung mit anderen sehnt. Das ist es, was unsere  Gesellschaft mehr denn je braucht. Jeden Menschen, der diese Sehnsucht empfindet, lädt Jesus ein. Er ist der Gastgeber des Mahls. Er bestimmt, wer Gast sein darf an seinem Tisch. Nicht ich. Nicht ein kirchliches Dogma.

Es tut gut zu hören, dass auch einige deutsche Bischöfe sich über diesen Streit und die damit verbundene Hartherzigkeit ihrer Amtsbrüder ärgern. Und offen aussprechen: Dieses Thema ist in der Praxis der meisten Kirchengemeinden seit Jahrzehnten vom Tisch. Dort wird trotzdem nicht leichtfertig die Kommunion ausgeteilt. Aber denen, die glauben, dass sich ihnen Jesus schenkt in diesem heiligen Brot, denen schon.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26749
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