Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Damit ein Spiel funktioniert und allen Spaß macht, braucht man zweierlei: Regeln und Herz. Beim Fußball kann man das sehen. Regeln allein sind zu wenig. Man muss auch mit dem Herzen dabei sein, damit das Spiel gut wird.

Genauso ist es im Leben überhaupt. Gebots- und Verbotsschilder reichen nicht, damit Menschen gut zusammen leben können. Und es reicht auch nicht, Kreuze aufzuhängen, wie es jetzt in Bayern vorgeschlagen wurde. Damit soll die Identität unseres Landes gezeigt werden, heißt es. Schließlich leben wir im christlichen Abendland. Aber davon, dass in jeder Behörde ein Kreuz hängt, werden die Anordnungen und Bescheide nicht barmherziger und wahrscheinlich noch nicht mal gerechter. Davon, dass in jeder Schulklasse ein Kreuz hängt, werden der Unterricht nicht lebendiger, die Lehrer nicht origineller, die Schüler nicht eifriger.

Und jetzt kommt die Sache mit dem Herzen! Es kommt, glaube ich, darauf an, dass wir uns den Gekreuzigten zu Herzen nehmen! Jedenfalls wir Christen glauben ja: So hat sich Gott gezeigt. In diesem Menschen Jesus, der am Ende von vielen verspottet und verachtet, verfolgt und hingerichtet wurde. Ohnmächtig und den Menschen ausgeliefert.

Gott selbst macht sich gemein mit den Leidenden. Er ist bei denen, die sterben müssen. „Ein Arzt ist für die Kranken da“, hat Jesus zu seinen Lebzeiten gesagt, „nicht für die Gesunden“ (Lk 5, 31) Ich glaube deshalb: So ist Gott. Er lässt die nicht fallen, die in Not geraten sind. Er ist immer noch da, auch wenn sich alle anderen von ihnen abwenden.

Was bedeutet es wenn ich mir das zu Herzen nehme? Und was bedeutet es für ein Land, das christlich geprägt sein soll, wenn das wirklich gilt: Gott ist bei den Leidenden und lässt die nicht fallen, die in Not sind. Wenn Gott auf der Seite der Leidenden und der Armen steht – auf welcher Seite stehen wir dann in unserem Land? Und was bedeutet das für unsere Gesetzgebung, für die Versorgung der Schwächeren in unserem Land, für den Umgang mit Geflüchteten und Gescheiterten?

Der Gott der Christen ist ein gekreuzigter Gott – wie sieht das Zusammenleben aus, wenn das wirklich die Identität unseres Landes ausmacht? Was meinen Sie?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26633
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