SWR1 3vor8

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Fronleichnam 

 (Ex 24,3/Hebr 9,11-15/Mk 14,12-16.22-26)

Blut - um den roten Lebenssaft geht es heute in allen drei Texten, die in den Katholischen Kirchen zu hören sind. In der ersten Lesung besprengt  Moses das Volk Israel mit dem Blut eines jungen Stiers. In der zweiten Lesung spricht Paulus davon, dass Christus mit seinem Blut die Menschen erlöst hat. Und im Evangelium nennt Jesus seinen Leib Brot und den Wein sein Blut. Einer der klassischen Texte des heutigen Fronleichnamsfests, an dem der Leib und das Blut Christi in besonderer Weise verehrt werden.

 

Ist die christliche Religion also eine blutrünstige Religion? Nein. Diese ganze Blut-Thematik ist nur aus der Geschichte alter Kulturen zu verstehen. In denen es vor Urzeiten Menschenopfer gab. Statt der Menschen wurden im Laufe der Zeit Tiere geopfert, was ein zivilisatorischer Fortschritt war. Und diese Opferpraktiken klingen heute noch im christlichen Glauben nach. Wenn der Kreuzestod Jesu als eine Art „Bluthandel“ gesehen wird: Jesus vergießt sein Blut, nimmt bei diesem Selbstopfer die Sünden der Menschen auf sich und versöhnt sie dadurch mit Gott. In der heutigen Theologie gibt es aber auch andere, weniger archaische Glaubensvorstellungen. Opfer und Blut spielen dabei zwar immer noch eine Rolle, aber eine andere: Das Opfer wird verstanden als die Bereitschaft sich hinzugeben und als die Fähigkeit auszuhalten. Das Blut steht dabei für das Innerste des Menschen, für das, was ihn ausmacht, seine Substanz. Und an die Substanz geht es immer, wenn der Mensch an Grenzen kommt oder in Gefahr gerät. 
Bei Jesus war es die zeitlose Frage, ob er der tödlichen Aggression des Menschen begegnet wie alle anderen bisher: mit Angriff oder mit Flucht. Das ganz Außergewöhnliche an ihm war, dass er weder angegriffen hat noch geflüchtet ist, dass er geblieben ist, sich ausgesetzt hat. Gezeigt hat, es geht auch anders. Er hat das in extremster Weise getan, sein Blut vergossen im Wortsinne, bei der Kreuzigung, aber auch im übertragenen Sinn: Er hat einen neuen Geist, eine neue Substanz in die Welt gegossen. Er hat die endlose Spirale von Gewalt und Gegengewalt aufgelöst, hat ein nicht tot zu kriegendes Gegenbild zu Hass und Zerstörung gezeigt.Dieses übergroße Gegenbild taugt natürlich schwer als Vorbild für den Alltag. Aber ich kann daraus etwas Wichtiges lernen: Angriffe, Belastungen und Krisen kann ich, ja muss ich immer wieder aushalten, und manchmal auch durchleiden. Aber wenn ich es geschafft habe, ist das Leben friedlich und frei.

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26586
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