Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Da liegt Abschied in der Luft und ein Hauch von Wehmut, als Jesus – von einer Wolke umhüllt – den Blicken seiner Anhängerschaft entschwindet. Was an „Christi Himmelfahrt“ wirklich geschah – wir wissen es nicht, auch wenn am Ölberg in Jerusalem eine Felsplatte als „Startrampe“ Jesu ausgewiesen wird. Nur eines scheint sicher: Die wundersamen Begegnungen des Auferstandenen mit seiner Gemeinde waren offensichtlich seltener geworden. Also zieht der Verfasser der Apostelgeschichte einen Schlussstrich.  

 

Bei der Abschieds-Szene am Ölberg, so wird erzählt, fragen die Leute ängstlich und unsicher: „Herr, wirst du nun das Reich Israel wieder herstellen?“ Das hieß damals: Treibst du nun endlich die Römer über den Teich zurück? Ähnliche Fragen bewegen auch uns: Wann fährst Du vom Himmel her den machtgeilen Potentaten in die Parade und schlägst ihnen ihre Waffen aus der Hand? Wann endlich bekommen die Super-Reichen einen Schuss vor den Bug? Warum fährst Du nicht mit Blitz und Donner dazwischen und schaffst Gerechtigkeit für die Armen und Gequälten dieser Erde?  

Doch auch wir werden in unserer Not keine andere Antwort bekommen als die Jüngergemeinde, die nach dem Abschied Jesu ängstlich zum Himmel starrt: „Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und meine Zeugen sein.“ (Apostelgeschichte 1,8). Eine machtvolle Verheißung und ein klarer Auftrag – das muss genügen! 

Tatsächlich: Die Frauen und Männer aus Galiläa waren danach nicht mehr zu bremsen. Sie sind – vom Geist Gottes beseelt – aufgebrochen und haben Jesus bezeugt, wohin sie kamen. So hat Kirche begonnen.  

Und nur so geht es mit ihr weiter: Wenn Getaufte ihren Herrn bezeugen, dort, wo sie leben - in ihren Beziehungen und Familien, am Arbeitsplatz, im Sportverein, in der Nachbarschaft. Solange wir zum Himmel starren, gucken wir nur Löcher in die Luft! Als Christinnen und Christen müssen wir mitten hinein ins Getümmel unseres Alltags, uns einmischen und Position beziehen – auch in politischen Auseinandersetzungen, in Parteien und Organisationen.  

Der Glaube ist keine Verschlusssache, und Gläubige sind keine Geheimnisträger. „Kommt, sagt es allen weiter“, heißt es in der deutschen Fassung eines alten Gospels, „ruft es in jedes Haus hinein: Der Herr ist hier bei uns“.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26406
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