SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

Wenn Menschen fröhlich sind und gute Laune haben, dann pfeifen sie, wenn sie können, summen oder singen sogar. Und wer das nicht kann oder will, der macht sich Musik, stellt das Radio an.  Alle Welt soll hören, wie gut es einem geht.

Aber in der Bibel lese ich von zweien, denen es gar nicht gut ging und trotzdem haben sie gesungen: Paulus und Silas. In Philippi hatte man den Apostel und seinen Reisegefährten eingesperrt. Man warf ihnen vor, das Geschäft einer Wahrsagerin geschädigt zu haben. Die Bibel erzählt, wie man sie ausgepeitscht hat und dann wurden sie ins Gefängnis gebracht.

Da sitzen sie nun, im tiefsten Kerker und singen. Sie singen im Gefängnis (Apg 16, 25). Psalmen wahrscheinlich, Lieder von Gottes Nähe und Güte. Die kannten sie als fromme Juden.

Ich kann nicht anders als dies für das Wirken von Gottes Geist zu halten. Wie sonst könnte man in solcher Situation auf die Idee kommen, zu singen? Jeder singt für den anderen und wird zugleich vom Gesang des anderen bewegt und aufgerichtet. So haben die Schwarzen Bürgerrechtler in den USA „We shall overcome“ gesungen und die Häftlinge im KZ das Lied von den „Moorsoldaten“. Solche Lieder singen und sagen von Gottvertrauen oder doch jedenfalls von unbeugsamer Hoffnung. Die Psalmen genauso wie Luthers „Ein feste Burg“ und wie das Lied der Gefangenen im KZ. Singen war für sie Therapie: Man kann sich Luft machen, Singen verschafft einem Atem. Das hilft, sich aufzurichten und die Worte machen einem Mut.

Funktioniert das heute noch?
80% der Erwachsenen singen nicht mehr, haben Wissenschaftler herausgefunden. Das Singen im Alltag verkümmert, einen gemeinsamen Liederschatz für Junge und Alte gibt es kaum noch. Aber singen nicht auch die Jungen oder machen sich jedenfalls Musik und es tut ihnen gut? Bloß ist ihre Musik anders. Die Geschmäcker sind verschieden. Aber über Geschmack sollte man nicht streiten. Gerade unterhaltende Musik hält die Sehnsucht und die Hoffnung wach und wirkt der Lethargie und Resignation entgegen.

Ich meine: So wirken Lieder bis heute, egal ob von Bach, von Udo Lindenberg oder von Elton John. Menschen werden wieder sprach- und handlungsfähig. In der Geschichte von Paulus und Silas  heißt das auch: Der Geist Gottes bricht sich Bahn in ihrem Gesang. So können sie einander aufbauen und miteinander die anderen ermutigen.

Und das gilt bis heute: Menschen werden von Musik ergriffen. Sie werden bewegt, ermutigt, getröstet. Ihre Hoffnung auf eine gute Zukunft wird wachgehalten. Wo dies geschieht und  die Kraft des Heiligen Geistes Menschen anrührt, da ist die Musik gut.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26367
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