SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

„Ohne die Musik hätte ich das alles nicht geschafft!“, hat mein Freund zu mir gesagt. Musik ist seine Leidenschaft. Er spielt Oboe. Wir beide musizieren hin und wieder miteinander.

Vor drei Jahren ist ihm etwas Schreckliches passiert. Beim Schneeräumen ist er mit seiner rechten Hand in das Messer der Schneefräse geraten. Drei Finger wurden abgetrennt. An die Stelle der drei Finger haben Ärzte drei seiner Zehen eingesetzt. Danach hat mein Freund lernen müssen, die angenähten Zehen wie Finger zu bewegen. Das hat er geübt. Jeden Tag. Denn er wollte unbedingt wieder Oboe spielen. Die Musik hat ihm die Kraft zum Durchhalten geben. Jetzt musizieren wir wieder. Und das macht richtig Spaß.

Nach der Bibel ist der Erfinder der Musik ein Mann, der selbst den meisten Musiklehrern unbekannt ist: Jubal, heißt er. Von ihm wird erzählt, dass er ein Nachkomme von Adam und Eva war (1. Mose 4,21).

Warum erfand Jubal die Musik? Gott hatte Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben. Mit ihren Kindern und Enkeln haben sie in einer trostlosen Welt gelebt. Da hat sich Jubal Instrumente und Melodien ausgedacht, um sich und andere zu trösten und zu erfreuen. Dadurch hat er für die Menschen ein Stück vom Paradies gerettet. Seit jener Zeit, heißt es, gibt es die Musik, die Menschen tröstet, die Energie und Mut schenkt und alle Schwermut vertreibt.

Das hat auch Martin Luther so erlebt. „Die Musik hilft gegen die tausend Teufel der Traurigkeit“, hat er gesagt. Luther hat am Abend oft selbst musiziert, Laute gespielt und gesungen. Sein Freund Philipp Melanchthon hat anscheinend daran Anstoß genommen. Er fand, Luther solle lieber etwas Anständiges arbeiten, anstatt sich seinem Freizeitvergnügen hinzugeben. Luther hat geantwortet: „Wenn ich am Abend singe und Torgauer Bier trinke, läuft Gottes Wort.“ Ich denke, er hat gemeint: mit Musik geht alles besser.

Das hat mein Freund auch so erfahren. Nach seinem Unfall hat sie ihm Kraft gegeben. „Ohne die Musik hätte ich das alles nicht geschafft!“, sagt er heute oft, wenn wir unsere Instrumente auspacken, um miteinander zu musizieren.       

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