Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es ist guter Brauch in der katholischen Kirche, dass es zu Ostern für die Gottesdienstbesucher ein Osterbild als Mitgebsel gibt. Um allen frohe Ostern zu wünschen und die Botschaft von der Auferstehung Christi in Wort und Bild hinauszutragen und mit nach Hause zu nehmen.

Eines dieser Bildchen trage ich seit mehreren Jahren bei mir. Ich mag es besonders. Es zeigt einen sehr dynamischen Christus in weißem Gewand, der rechts und links je einen Menschen an der Hand gepackt hat und mit sich zieht.

Die Darstellung stammt aus der Erlöserkirche in Istanbul (heute ein Museum) und nennt sich „Höllenfahrt“ Christi. Ein Begriff, bei dem ich zunächst erstmal zusammengezuckt bin.

Das Motiv der Höllenfahrt Christi ist in der orthodoxen Kirche zu einem wichtigen Osterbild geworden. Es nimmt das auf, was Christen im Glaubensbekenntnis beten: „hinabgestiegen in das Reich des Todes“. Es bezeugt die Gewissheit der ersten Christen, dass auch alle Menschen, die vor Christus gelebt haben, erlöst sind. Sonst hätten die ja Pech gehabt. Später wurde dieses zeitliche Verständnis auch noch durch ein räumliches erweitert: Nach dem damaligen Weltbild wurde die Erde in oben und unten eingeteilt. Durch die  Höllenfahrt Christi wurde seine Herrschaft auch in die „unterste Etage“ getragen und somit vollendet. Die Pforten des Todes sind auf dem Osterbild zerbrochen, der Fürst der Unterwelt ist für immer schachmatt gesetzt.

Christus nimmt die ganze Menschheit, symbolisiert durch Adam und Eva - die beiden ersten Menschen -  also alle von Anfang an, rechts und links an der Hand und zieht sie mit sich ins Leben.

Und was mich dabei besonders anrührt ist:– da gibt es keine gute und schlechte Seite, keine Rechte oder Linke. Alle werden gerettet. Das entspricht meinem Bild von einem liebenden Gott, dessen Barmherzigkeit ich nicht groß genug denken kann und von dem ich glaube, dass sein Richten am Ende der Tage ein Aufrichten sein wird.

Spannend fand ich den Hinweis eines Sanitäters, mit dem ich dieses Bild betrachtet habe. Er hat mich aufgefordert noch genauer hinzuschauen, wie dieser Christus die beiden Menschen am Handgelenk hält. Das sei nicht irgendein Griff. Sondern ein klassischer Rettungsgriff. Da rutscht keiner so schnell durch. So gehalten – hält. Die beiden entreißt ihm so schnell keiner. Darum geht es diesem Christus: zu retten, was bedroht, vielleicht verwundet war oder verloren schien.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26217
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