SWR1 3vor8

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Palmsonntag B (Markus 11,1-10)

Pferde sind Fluchttiere. Wenn von irgendwoher eine Gefahr droht und sie diese wittern, rennen sie davon. Ganz anders Esel. Esel bleiben in solchen Fällen stehen. Wie angewurzelt. Sie stellen sich quasi tot. Und warten, bis die potentielle Gefahr an ihnen  vorüber gezogen ist.

Ob das auch ein Grund ist, weshalb Jesus auf einem Esel nach Jerusalem geritten ist? Und nicht hoch zu Ross, wie wir heute erwarten würden - von einem Führer, einem König? Jesus hatte es sich gut überlegt und dabei alle Einwände seiner Gefährten abgewiegelt: Er wollte und musste nach Jerusalem. Und er muss genau dort das noch einmal sagen, was er vorher in der Sommerfrische des Sees verkündet hatte: dass Gott den Sündern vergibt, dass ihm die Menschen mit ihren Sorgen und Nöten wichtiger sind als Gesetze, dass es die Reichen und Mächtigen schwer haben werden bei Gott mit all ihrem Ballast. Und dass er ein König ist, von Gottes Gnaden, aber ganz anders als jeder Mensch das würde sein können: ein König der Herzen, der nur die Liebe kennt und nützt um auf Menschen Einfluss zu nehmen. Dazu passt der Esel, schon optisch, und er passt für mich eben auch, weil er stehen bleibt, wenn’s darauf ankommt. Und eben nicht wegläuft.  Was ihm bei uns den Ruf des Störrischen eingebracht hat.  Auch das passt zu Jesus. Jetzt, an Palmsonntag in Jerusalem, da kam’s ihm darauf an, standfest zu bleiben, nicht wegzulaufen. Jesus war klar: Er würde nicht ungeschoren wieder aus dieser Stadt wegkommen. Alle Zeichen haben darauf hingedeutet, dass sie ihn festnehmen würden - die machtbewussten Vertreter seines eigenen jüdischen Glaubens; die Römer, die keine Unruhe gebrauchen konnten im besetzten Gebiet, und die Feinde in seinen eigenen Reihen, denen das alles zu langsam und zu halbherzig vonstatten ging wie Judas Iskariot.

Jesus kommt mir da vor wie ein störrischer Esel. Als Jugendlicher habe ich mir manches Mal überlegt, ob es nicht anders gegangen wäre. Warum der Vater im Himmel seinen Sohn diesen am Ende doch grausamen und tödlichen Weg gehen lässt. Ich kann’s mir nur so erklären: Jesus wusste, dass sein Prinzip der gewaltlosen Liebe sich in der harten Realität bewähren muss. Das Evangelium ist kein Sandkastenspiel für heitere Tage. Dass Gott alles in der Hand behält, das Leben und den Tod, das zeigt sich am besten dort, wo der Tod regiert. Damals in Jerusalem. Heute in Syrien und an vielen anderen Orten. Überall dort, wo trotz des Todes noch ein Rest an Menschlichkeit übrig bleibt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26174
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