Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Patient verstorben und kein Mensch hat es gemerkt!“

Das ist keine Bildzeitungsschlagzeile, sondern das Zitat aus einer sogenannten Überlastungsanzeige. In den Überlastungsanzeigen beschreiben Pflegekräfte der baden-württembergischen Unikliniken Situationen, die für sie besonders stressig sind und welche Folgen das für die Patienten hat. Mit wem ich auch rede, Pflegepersonal, Ärzte, Patienten alle beklagen den Stress unter dem sie in den Kliniken stehen. Die Krankenpflegerin in einer neurochirugischen Intensivstation beschreibt es so: „Es ist unendlich frustrierend, wenn man in diesem Beruf, den man eigentlich mit Herz und Seele ausüben wollte, niemandem mehr gerecht wird, weil man für nichts mehr Zeit hat.“ *

Eine andere Krankenpflegerin sagt:“ Wir schaffen es nicht einmal mehr, so die Hände zu desinfizieren wie wir das müssten.“ * Darum haben die Frauen und Männer im Pflegebereich auch gestreikt, bei den letzten Tarifverhandlungen. Aber nicht einmal um mehr Geld in diesem unterbezahlten Berufszweig, sondern für erträglichere Arbeitsbedingungen! Und damit auch für die bessere Versorgung der Patienten. Denn die Pflege ist krank in unserer Gesellschaft. Und das macht auch die Pflegenden krank, die einen der kostbarsten Berufe ausüben, den es gibt. Wenn sie selbst keine Zeit mehr zur Erholung haben. Wenn sie bis zur körperlichen und seelischen Erschöpfung arbeiten müssen, wie am Fließband. Und zu dem, weshalb sie diesen Beruf gewählt haben, gar nicht richtig kommen: Pflegen und heilen.

Die Pflege in unserer Gesellschaft ist krank und macht krank. Wie lange wollen wir diese Perversion eigentlich noch hinnehmen? Wie lange wollen wir es noch zulassen, dass Menschen die mit Technik, Maschinen oder mit Geld ihr Geld verdienen, mehr, viel mehr bekommen, als die, die an Menschen und für Menschen arbeiten? Und wie lange wollen wir noch dabei zuschauen wie genau diese Menschen im Pflegebereich sich krank arbeiten und krank gemacht werden? Durch Umstände die nicht nur veränderbar sind, sondern verändert werden müssen! Damit die Pflegekräfte wieder pflegen können, die Patienten Zeit und Zuwendung bekommen und unsere Gesellschaft wieder ein wenig menschlicher wird.

 

*Quellenangaben: Südwest Presse 2018, Schwäbisches Tagblatt

Artikel: „Nicht selbst krank werden“ 26.01.2018

Artikel: „Am Donnerstag wird gestreikt“ 20.01.2018

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26165
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