SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

„Über sieben Brücken musst du gehn ….“: Es ist wirklich schon lange her, dass ich das Lied oft und oft gehört und mitgesungen habe. Aber es ist mir noch im Ohr, und beim Refrain bin ich immer noch textsicher.

Das Lied gehört zu meinen Jugenderinnerungen. Der Songtext ist von Peter Maffay, ein Musiker, der in den letzten Jahrzehnten die deutsche Pop- und Rockszene mitgeprägt hat. Er ist gestern bei der Eröffnung der „Woche der Brüderlichkeit“ geehrt worden, für sein entschiedenes Eintreten gegen antisemitische und rassistische Tendenzen in Politik, Gesellschaft und Kultur. Er ist als Brückenbauer gefeiert worden mit seinem Engagement für Toleranz und ein friedvolles Miteinander-Leben.

 „… siebenmal wirst du die Asche sein, aber einmal auch der helle Schein …“: Ich habe den Songtext nachgelesen und mich gefragt, warum das Lied damals so wichtig für mich, für uns war. Vielleicht, weil er ein Grundgefühl der jungen Generation beschreibt. Man will anders leben als die Älteren. Die politischen Konflikte werden einem bewusst, die gesellschaftlichen Gräben. Wie da hinüberkommen? Wie kann eine Welt aussehen, in der es gerecht zugeht? Eine Welt, in der alle genug zum Leben haben? Eine Welt ohne Waffen? Die Welt braucht Brückenbauerinnen und Brückenbauer über diese Abgründe hinweg.

Das diesjährige Motto dieser Woche, die schon seit 1952 von den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit gestaltet wird, heißt: „Angst überwinden – Brücken bauen“. Es knüpft für mich an dieses Gefühl an.

Ich kenne Brückenbauer. Menschen, denen es gelingt, durch Worte und Gesten Brücken zu bauen zwischen Menschen, die einander fremd sind. Das ist möglich, weil sie für beide Seiten vertrauenswürdig sind. Sie bauen durch ihre Person eine Brücke über das Nicht-Verstehen und die Sprachlosigkeit hinweg.

Die Welt braucht Brückenbauerinnen und Brückenbauer. Die über Gräben hinweg Vertrauen aufbauen, zu einer anderen Generation, einer anderen Nationalität und Kultur, einer anderen religiöse Prägung. Die wissen: Wer Brücken bauen will, muss die Aufsetzpunkte auf beiden Seiten kennen. Muss zum Beispiel auf der einen Seite die Angst verstehen, die Menschen auf der Flucht mit hierherbringen. Muss sich auf der anderen Seite vorstellen können, wie sich die Angst anfühlt: Ich komme bestimmt zu kurz, wenn die jetzt hier sind. Muss sich in beide Seiten hineindenken können, die doch eigentlich einen gemeinsamen Traum teilen: dass das eigene Leben gelingen soll, mit einer Familie, sicherer Arbeit, stabiler Gesundheit. Vielleicht lässt sich auf diesen Traum eine Brücke bauen?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=26066
weiterlesen...