Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Es ist Fastenzeit in den christlichen Kirchen. 7 Wochen lang verzichten manche Menschen auf bestimmte Dinge. Auf Süßigkeiten, Fleisch oder Alkohol, auf Kaffee oder das Auto. Um den Körper zu entgiften, um Solidarität mit Menschen aus ärmeren Ländern auszudrücken, um die Umwelt zu entlasten oder um unabhängiger zu werden von ungesunden Verhaltensweisen.

Mir fällt in der Fastenzeit jedes Jahr etwas anderes ein, auf das ich verzichte. In diesem Jahr habe ich entschieden, auf eine Gewohnheit zu verzichten, von der ich weiß, dass sie mir nicht gut tut. Wenn ich nach der Arbeit nach Hause komme, fahre ich normalerweise als erstes den Computer hoch um meine neuen Nachrichten zu lesen. Nicht selten bleibe ich am Schreibtisch hängen, weil ich sofort beginne, Antworten zu schreiben. Ich mache das schon ganz automatisch. Obwohl ich das Bedürfnis habe, mich erst mal hinzusetzen und nichts zu tun, wenn ich nach einem langen Arbeitstag nach Hause komme. Ich habe das Bedürfnis zu mir zu kommen, mich ein paar Minuten einfach nur auszuruhen. Und schaffe es oft nicht. Ich komme nicht zur Ruhe und aus dem Arbeitsmodus nicht raus. Gegen später hilft da ein Glas Wein. Aber im Grunde ärgert mich auch das.

Also habe ich in diesem Jahr für die Fastenzeit entschieden, auf diese Gewohnheiten zu verzichten. Wenn ich nach Hause komme, mache ich den Computer nicht an. Ich setze mich statt dessen für eine halbe Stunde in meinen Sessel im Wohnzimmer, schau einfach nur zum Fenster raus und lasse den Tag an mir vorbei ziehen. All die Begegnungen mit den Kollegen und Kindern in der Schule. Manchmal bleibe ich hängen, weil ich im Rückblick unzufrieden bin mit mir oder auch weil ich mich noch im Nachhinein über etwas freue.

Es ist als würde ich so jedem Tag eine eigene Würde geben und das gefällt mir. Bisher ist es mir meistens nicht schwer gefallen auf meine Gewohnheiten zu verzichten. Darüber bin ich erleichtert. Ich weiß zu gut, dass die 40 Tage in gewisser Weise Halt geben. Ich nehme mir vor, das beizubehalten wenn die 7 Wochen vorbei sind und nicht in alte Gewohnheiten zu verfallen.

Wenn ich das hin und wieder nicht schaffe, will ich gnädig sein mit mir. Auch das nehme ich mir vor.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25935
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