SWR1 3vor8

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Sechster Sonntag im Jahreskreis B (Markus 1,40-45)

Unterschiedlicher könnte es nicht sein: Was die Priester erwarten. Und was Jesus tut. So wird es in der Bibelstelle aus dem Evangelienbuch des Markus erzählt, die heute in den katholischen Gottesdiensten zu hören ist. Darin deutet sich ein Konflikt an, der immer noch besteht. Die Obrigkeit in der Kirche denkt und empfindet anders als ihr Gründer. Die Kirche tut nicht automatisch das, was Jesus gedacht hat. Sie bildet und folgt ihren eigenen Gesetzen, und vergisst dabei ihren ursprünglichen Auftrag.

Wie ist es sonst zu erklären, dass die deutschen Bischöfe bis heute einen Eid auf die Verfassung des jeweiligen Bundeslandes ablegen müssen, Jesus aber in der Bergpredigt das Schwören ausdrücklich verbietet[1]. Oder dass Ansehen und Besitz eine so große Rolle spielen, wo doch Jesus klar die Alternative aufgezeigt hat: Gott dienen oder dem schnöden Mammon[2].

Aber zurück zur Bibelstille dieses Sonntags. Es geht da um einen schwer kranken Mann, der von Jesus geheilt wird. Das geht ruckzuck. Jesus und der Kranke begegnen sich kurz, Jesus fühlt das Leid seines Gegenübers und die Sache wird gut. Der Mann ist vom Aussatz befreit. Soweit die Heilungsgeschichte. Aber Jesus und der Kranke sind eben nicht allein auf der Welt, sondern sie sind Teil einer Gesellschaft, wo es Macht und Autorität gibt. Das weiß Jesus offenkundig ganz genau. Deshalb wäre es ihm am liebsten, wenn der Geheilte schweigt über das, was an ihm geschehen ist. Jesus schärft ihm ein: Nimm dich in acht! Erzähl niemand davon, sondern geh, zeig dich dem Priester und bring das Reinigungsopfer dar, das Mose angeordnet hat. Das soll für sie ein Beweis meiner Gesetzestreue sein. (Mk 1,44) Jesus weiß genau, wie die Mächtigen reagieren, wenn einer etwas tut, auf das sie keinen Einfluss haben. Angst, Neid oder Wut sind die Folgen. Da ist einer krank, also muss er ein Sünder sein. Rettung gibt’s, wenn der Betreffende das und das tut. So hat man früher Opfer gerechtfertigt. Dass Gott selbst etwas tun könnte, weil er es will, ohne Gegenleistung, das ziehen die Priester gar nicht erst in Betracht. Das wäre ja auch viel zu unberechenbar. Das würde sie irgendwann überflüssig machen.

Jesus denkt nicht so. Ihm geht es einzig und allein um den kranken Mann und um das, was er braucht. Dessen großes, ja unerschütterliches Zutrauen genügt ihm. Auf den Knien vor Jesus sagt er zu ihm: Wenn du willst, kannst du machen, dass ich rein werde. (Mk 1,40) Jesus spürt, dass dieser Mann Gott etwas zutraut, dass er an ihn und seine Macht glaubt. Nicht an die von Menschen gemachten Spielregeln, die mit Glauben und Gott oft nicht mehr viel zu tun haben.


 

[1] Mt 5,34

[2] Mt 6,24

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25877
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