SWR4 Abendgedanken

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Die Fehler der anderen aufdecken: Das scheint ein neuer Volkssport zu sein. „Hast du schon gehört: Kollege Müller hat man mit Alkohol am Steuer erwischt!“ Oder: „Die Tochter des Schulleiters ist durch die Prüfung gefallen! Wie peinlich ist das denn!“ Schadenfreude macht sich breit, wenn jemand bei einem Fehler ertappt wird.

In der Zeit Jesu ist das nicht anders gewesen. Da war zum Beispiel diese Ehebrecherin. Die war von den frommen Religionsführern inflagranti erwischen worden. Angeblich. „Das ist eine Sünderin. Die gehört bestraft!“ sind sich die Männer schnell einig gewesen und wollten sie steinigen. Jesus hat das geärgert. „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, hat er gesagt. Mit anderen Worten: Schau du erst einmal auf deine eigenen Fehler, bevor du andere kritisierst. Jesus hat gewusst: Nichts freut einen Menschen mehr als die Fehler eines anderen aufzudecken. Die Männer damals haben verstanden, was Jesus gemeint hat. Sie haben die Frau in Ruhe gelassen.

Ich glaube, Jesus möchte, dass ich dem anderen beistehe, wenn über ihn schlecht geredet wird. Zum Beispiel so: „Vom Alkohol am Steuer bei Kollege Müller habe ich gehört. Aber vielleicht haben ihm ja in der letzten Zeit Sorgen zu schaffen gemacht. Da trinkt man leicht mal ein Glas zu viel. Ich will mal mit ihm reden und mich erkundigen, wie es ihm geht. Vielleicht tut ihm das gut..“  Oder: „Als Tochter eines Schulleiters hat man es ja nun wirklich nicht leicht. Alle erwarten gute Leistungen. Das kann sie ganz schön unter Druck setzen. Wir sollten versuchen, sie nicht immer als Tochter zu sehen. Sie ist doch eigentlich ein Mädchen wie alle anderen!“

Martin Luther hat einmal gesagt: „Wir sollen unseren Nächsten nicht verleumden oder seinen Ruf verderben, sondern ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.“ Ich finde, das ist ganz im Sinne Jesu. Und aller, die der Schadenfreude ausgesetzt sind.

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