Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich finde, er ist eine der größten sozialen Errungenschaften der Menschheit. Der arbeitsfreie 7. Tag. Und wer hat ihn erfunden? Vermutlich die Juden. Jedenfalls ist er schon im Alten Testament ein tragendes Fundament ihres Lebens.

Da wird erzählt: In der Schöpfungsgeschichte gönnt sich Gott den Ruhetag. Man kann auch sagen, den „Umsonst-Tag“. Gott schenkt ihn sich, der Welt und uns Menschen. Ein Tag, an dem man sich das Leben nicht verdienen oder erarbeiten muss. Ein Tag, der jedem Menschen gegeben ist, zum umsonst und frei zu leben.

Als Begründung zu den 10 Geboten heißt es dann: Den arbeitsfreien Tag verdienen nicht nur Gott und die Menschen, sondern auch Tiere und Sklaven. Sklaven, wundern Sie sich vielleicht, sind doch auch Menschen. In manchen antiken Gesellschaften haben sie aber nicht als volle Menschen gegolten. Darum ist es eine große soziale Errungenschaft, dass in den 10 Geboten steht:

Sechs Tage sollst Du Deine Arbeit tun, aber am siebenten Tag sollst Du ruhen. Auf dass auch dein Rind und Esel sich ausruhen und der Sohn deiner Sklavin und der Fremde aufatmen können.(2. Mose 23,12)

Jede Woche, der 7. Tag, frei, zum Aufatmen. Auch für leibeigene Sklaven. Ein Wunder, dass er sich durchgesetzt hat. Im Alten Rom gab es einen arbeitsfreien 7. Tag nämlich nicht.

Im Römischen Reich hatte man lange eine Achttagewoche. Und der 8. Tag war zwar besonders, aber nicht weil er arbeitsfrei war, sondern weil da Markttag war. Dass die Juden im Römischen Reich den Sabbat arbeitsfrei gefeiert haben, dafür hat man ihnen lange vorgeworfen: Ihr seid Faulenzer. „Faulenzertag“ hat man im Alten Rom den arbeitsfreien 7. Tag geschimpft.

Erst als das Römische Reich christlicher geworden ist, wurde der arbeitsfreie Tag attraktiv. Die Christen haben ihn von den Juden übernommen. Und ihn vom Samstag auf den Sonntag verlegt. Weil Jesus da auferstanden ist. Seither beginnt die christliche Woche mit dem arbeitsfreien Sonntag. Erst kommt der „Umsonst-tag“, dann muss man schaffen und für das Leben arbeiten.

Darum finde ich, wer den gemeinsamen arbeitsfreien Sonntag aushöhlt, zeigt eins: Er will das Rad der Geschichte zurückdrehen und muss sich klar sein, dass er Konzepte aus der Sklavenzeit zukunftsfähig findet. Und wenn Sie und ich als Konsumenten am Sonntag immer mehr Dienstleistungen wollen. Dann drehen wir auch mit, dass die Zeit rückwärtsgeht. Sozialer Fortschritt ist das nicht. Ich muss mich da an der eigenen Nase fassen.

Wir können so froh sein, dass wir den „Umsonst-Tag“ haben. Wir sollten ihn feiern, verteidigen und hoch halten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25683
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