SWR1 3vor8

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 (Mt 2,1-12)

„America first![1]“ und „Bayern zuerst![2]“ Das sind Schlagworte aus dem gerade vergangenen Jahr. Politiker haben damit auf sich und ihre nationalen Interessen aufmerksam gemacht. Aber neu sind solche egoistischen Tendenzen überhaupt nicht.

Heute feiert die Kirche das Fest Erscheinung des Herrn. Im Volksmund heißt es Heilige Drei Könige. Das Evangelium des Matthäus berichtet von drei Sterndeutern. Sie haben bei ihren astronomischen Forschungen etwas Ungewöhnliches entdeckt: einen Stern, den sie bisher noch nie gesehen hatten[3]. Das interessiert sie außerordentlich. Die drei Männer waren aber nicht nur gute Naturwissenschaftler. Sie waren auch an religiösen Angelegenheiten interessiert. Deshalb fragen sie sich: Was könnte es bedeuten, dass plötzlich ein neuer Stern auftaucht? Die drei weisen Männer haben gehört, dass Israel, das Volk in ihrer Nachbarschaft, auf einen Retter wartet. Auf einen König, der anders ist. Er soll seinem Volk und allen, die an ihn glauben, den Frieden bringen.

Den Frieden bringen! Das ist keine Nebensächlichkeit. Die Weisen haben oft genug erlebt, wie hartherzig Menschen miteinander umgehen; welche Folgen es hat, wenn ein Volk neidisch auf das andere schaut; und vor allem: wenn einer mehr Recht haben will und sich für wichtiger hält als ein anderer. Bis heute bringt das Menschen gegeneinander auf, wenn gesagt wird: „America first!“ Oder: „Bayern zuerst!“ Das vergiftet das Zusammenleben und kann zu Gewalt führen.

Die Sterndeuter hoffen, etwas Neues zu erfahren, wie es geht, Frieden zu stiften. Sie wissen: Es gibt fast nichts, das wichtiger wäre. So brechen sie auf, um herauszufinden, was es mit dem Stern auf sich hat. Unterwegs machen sie dem König im Lande Israels die Aufwartung, wie es sich gehört. Recht schnell merken sie, dass König Herodes nicht an Frieden interessiert ist. Stattdessen, wie sie es oft erlebt hatten: Neid, Ich-Sucht, die Angst, zu kurz zu kommen.

Das bleibt den Männer aus dem Osten nicht verborgen. Sie lassen ihn in gutem Glauben und kehren nie mehr zu ihm zurück.[4] Als sie endlich dort ankommen, wo der Stern am hellsten scheint, in Betlehem, ist alles klar: Sie sind am Ziel. Nicht nur ihrer Reise, sondern überhaupt: Sie haben das gefunden, auf was sie lange gewartet hatten.[5] Und sie verstehen: Gott gibt nicht auf. Er findet einen Weg, um den Frieden in die Welt zu bringen. Und das Kind, das sie da unterm Sternenzelt gesehen haben, ist das Zeichen dafür. Nur wehrlos erreicht man Frieden, nie mit Waffen. Nur indem man klein bleibt, gewinnt man andere für sich. Nur ein Mensch, der gar nicht die Kraft hat zurückzuschlagen, kann den Teufelskreis der Gewalt durchbrechen. Später wird das Kind einen berühmten Satz sagen: Selig, die Frieden stiften; sie werden Kinder Gottes genannt.[6] Er ist einmal mehr das Programm der Christenheit fürs neue Jahr.



[1] Der im November 2016 gewählte 45. Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump fasste ab dem Hauptwahlkampf Mitte 2016 seine gesamte Politik unter dieses Motto.

[2] Die CSU will im Bundestagswahlkampf vor allem bayerische Interessen verfolgen. Oberstes Ziel in den kommenden Monaten bleibe das Motto "Bayern zuerst", sagte Parteichef Horst Seehofer beim Politischen Aschermittwoch in Passau. 

[3] vgl. Mt 2,2b

[4] vgl. Mt 2,12

[5] vgl. Mt 2,9f.

[6] Mt 5,9

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25670
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