Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Gegen den Strom schwimmen: Wenn das aus glaubwürdigen Motiven geschieht, findet es durchaus Anerkennung in unserer Gesellschaft. Ein gutes Beispiel dafür war und ist bis heute Mutter Teresa von Kalkutta. Aber auch Elisabeth von Thüringen schwamm vor 800 Jahren gegen den Strom ihrer Zeit.
Prägend dafür waren jedoch weder ihre Eltern und Pflegeeltern noch das höfische Milieu, das sie vor allem auf der Wartburg bei Eisenach erlebte. Als besitzgierig, herrschsüchtig und verschwenderisch wird ihre Mutter Gertrud von Andechs charakterisiert. Auch ihr Vater, König Andreas von Ungarn, galt als wenig rühmliche Gestalt. Und ihrem Pflege- und späteren Schwiegervater Hermann bedeuteten die schönen Künste mehr als die ihm anvertrauten Menschen Thüringens. Diese beutete er aus, um auf der Wartburg regelmäßige europäische Minnesänger-Treffen veranstalten zu können. Diese Atmosphäre weckte in Elisabeth schon früh das Bedürfnis, anders zu sein. Es wird überliefert, beim Eintritt in die Kirche habe sie stets ihre Krone vom Kopf genommen und neben sich gelegt, erst nach Beendigung des Gottesdienstes habe sie sie wieder aufgesetzt. Als ihre Pflegemutter Sophie sie deshalb tadelte, habe sie auf den mit Dornen gekrönten Jesus hingewiesen, dem gegenüber ihr alle Goldkronen unpässlich erschienen.

1225 kamen die Franziskaner nach Eisenach – eine Brüdergemeinschaft, von Franz von Assisi einige Jahre zuvor gegründet, um gegen den Reichtum nur Weniger ein Leben in freiwillig gewählter Armut zu setzen. Den Impuls dazu gab vor allem eine Evangelienstelle. Ein Mann fragt Jesus: „Was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?“ Jesus erinnert ihn an die Zehn Gebote. Der Mann entgegnet ihm: „Alle diese Gebote habe ich von Jugend an befolgt.“ Darauf Jesus: „Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!“ Das war’s, was dem jungen Orden in kurzer Zeit unzählige Anhänger brachte. Auch Elisabeth hat das grundlegend beeinflusst. Am Hof des Landgrafen zog sie sich damit viele Widersacher zu, vor allem nach dem frühen Tod ihres Mannes. Lange hielt sie das nicht aus, und deshalb entschloss sie sich, die Wartburg zu verlassen und ganz mit den Armen zu leben – ein Weg, der sie von Eisenach nach Marburg führte, um dort die Kranken zu pflegen.
Gegen den Strom schwimmen: Für Elisabeth wurde das zur Vision einer neuen Menschlichkeit. Auch wir brauchen solche Vorbilder. https://www.kirche-im-swr.de/?m=2555
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