Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Bankgeschäfte mache ich online. Das ist bequem und geht schneller. Aber manchmal muss man halt doch persönlich zur Bank. So war ich neulich in der Filiale gleich um die Ecke – und da ist mir dieser Teppich aufgefallen. Ein langer grauer Läufer, der auf den Bankschalter zuführt. Beim Warten hatte ich Zeit, ihn anzuschauen. Auf einer Art Zahlenstrahl waren bestimmte Lebensalter eingetragen.

21 Jahre, stand da, „Berufsunfähigkeit absichern“. 27Jahre: „mit geförderter Vorsorge starten“. 33 Jahre: „Privatrente erwägen“. Na, gut, dachte ich, die machen halt auch Werbung für ihr Geschäft. Machen ja alle. Der Zahlenstrahl ging noch weiter. Am Ende kam: 51 Jahre: „Pflegekonzept machen“. 59Jahre: „Erbfolge regeln“. 67 Jahre: „Leben genießen!“

Da war ich auf einmal ganz erschrocken. Wie der reiche Bauer, habe ich gedacht, von dem Jesus erzählt hat. Der hatte eine sehr gute Ernte eingefahren. Und nahm sich vor: Jetzt will ich meine Lagerkapazitäten ausbauen, die alten Scheunen abreißen und neue bauen. Damit ich auch später noch was von meinem Reichtum habe. Erst wenn das alles geschafft ist – dann will ich das Leben genießen. Aber, erzählt Jesus, in der folgenden Nacht würde er sterben – was ist dann mit genießen?

Ist denn das ganze Leben nur ein Vorsorgen für später? Damit ich das Leben genießen kann – irgendwann wenn die Knie weh tun oder die Hüften und die Augen nicht mehr so richtig mitmachen? Und vorher bloß für später sorgen?

Ich habe mir beim Warten vor dem Bankschalter überlegt, ob ich alles richtig gemacht habe. Nein, habe ich gemerkt. Das habe ich nicht, die meisten der vorgeschlagenen Versicherungen habe ich nicht. Aber ich habe gelebt! Beziehungen geknüpft. Freunde gewonnen.

Wir Christen haben von Jesus gelernt haben zu beten: „Unser täglich Brot gib uns heute!“ Brot – das kann man nicht lange aufheben, dann wird es hart. Brot ist besonders gut, wenn man es frisch ist, heute – und am besten schmeckt es, wenn man nicht allein ist beim Essen.

Es ist gut und schön, wenn ich von dem leben kann, was ich habe, Heute. Und morgen auch wieder. Zusammen mit anderen das Leben genießen. Wenn ich vielleicht sogar so viel habe, dass ich anderen abgeben kann, denen es nicht so gut geht.

Was morgen ist und was ich morgen brauche – das kann ich nicht wissen. Ich glaube, dass ich dann vor allem Menschen brauche. So wie heute auch. Menschen, die mit mir leben. Die mir beim Leben helfen. Denen ich helfen kann, ihr Leben zu genießen.

Sicher, ein bestimmtes Maß an Vorsorge ist wichtig. Aber wichtiger ist: Heute leben!

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25496
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