Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Mein Navigationssystem im Auto nenne ich Uschi, denn mit freundlicher Frauenstimme sagt es mir, wo es lang geht. Seit ich Uschi habe, fahre ich viel sicherer, auch auf Wegen und in Gegenden, in denen ich noch nie war. Manchmal beruhigt es mich richtig, dass ich Uschi dabei habe, besonders dann, wenn ich doch nicht den richtigen Weg gefunden ha-be. Denn Uschi lässt mich nicht aus den Augen. Auch wenn ich gemeint habe, ich wüsste es besser, auch wenn ich nicht richtig kapiert habe, wo es denn nun langgehen soll, wenn ich es irgendwie nicht hingekriegt habe: Das Navigationssystem namens Uschi behält mich im Blick. Sie sagt nicht: Das ist jetzt dein Problem, nun sieh zu, wie du allein fertig wirst. Nein, Uschi ermahnt mich erst, bei nächster Gelegenheit zu wenden und umzukeh-ren. Und wenn ich das nicht kann oder nicht will – dann überlegt sie sich einen neuen Weg, der am Ende auch ans Ziel führt. Manchmal, wenn ich gerade an der richtigen Aus-fahrt vorbei gefahren bin und merke, jetzt habe ich den Weg verloren – dann bin ich rich-tig froh, dass Uschi mich im Blick behält.
Vor ein paar Tagen – als ich dann doch alles gut gefunden hatte – habe ich gedacht: Wenn heute jemand Psalmen dichten würde, vielleicht würde der schreiben: Gott ist mein Navigationssystem – statt: „Der Herr ist mein Hirte.“ Als Hirten hat auch Jesus Gott be-schrieben und erzählt: Er lässt die nicht aus den Augen, die ihm am Herzen liegen. Auch wenn sie auf falsche Wege geraten sind, lässt Gott sie nicht einfach laufen. Er macht sie darauf aufmerksam, dass das jetzt die falsche Richtung ist. Er bittet sie, umzukehren. Und wenn es nötig ist, hilft er, einen neuen Weg zu finden.
Gott ist wie mein Navigationssystem – bloß dass er nicht einfach mit mir spricht wie mei-ne Uschi – gewissermaßen aus dem off oder von oben herab. Was wäre das auch für ein Durcheinander, wenn er mit allen Menschen so reden würde! Man muss schon ein biss-chen genauer hinhören, wenn man Gottes Rat sucht. Manchmal spricht er nämlich wie meine Freundin. Manchmal wie eines meiner Kinder. Manchmal wie mein alter Lehrer. Manchmal durch ein paar Sätze in einem Fernsehfilm, und manchmal durch die Zeilen ei-nes Buches, das mir wie zufällig in die Hände fällt. In ganz verschiedener Weise kann man Gott hören – wenn man will.
Anders als Uschi, das Navigationssystem, drängt Gott sich nicht auf mit seinem Rat. Ich muss ihn hören wollen, sonst merke ich nicht, dass ich gemeint bin. Das kommt vor. A-ber Gott sei Dank, lässt er mich auch dann nicht aus den Augen. Das beruhigt mich auf meinen Wegen.
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