Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern an den der anderen!“ (Phil 2,4) Für die Bibel ist das die Voraussetzung eines gedeihlichen Zusammenlebens. In dieser Woche er-innert die ökumenische Friedensdekade der Kirchen daran. „Denkt nicht an euren eige-nen Vorteil, sondern an den der anderen!“ Das klingt gut – aber auch ein bisschen welt-fremd.
Im 21. Jahrhundert geht es doch offensichtlich anders zu: in der Wirtschaft und am Ar-beitsplatz sowieso. Konkurrenz belebt das Geschäft, sagt man, nur wer die anderen aus-sticht, kann Gewinn machen. Und auch in manchen Familien und zwischen Lebenspart-nern hat das Rechnen angefangen: Was muss ich einbringen und was kriege ich dann da-für? Was möchte ich erreichen und wie kann ich das meiste rausholen? Nur wer seinen Vorteil im Auge behält, hat Erfolg. Bloß: Frieden wird so nicht.
Denn so kommen immer welche zu kurz. Denn viele Menschen hatten nie eine Chance, mitzuhalten. Vielleicht waren sie einfach nicht schnell genug, oder nicht stark genug, o-der nicht skrupellos genug – und jetzt sind sie enttäuscht und wütend. Dann fängt der Kampf an. Der Kampf um Eigeninteressen, um Vorteile und Vorrechte. In der Familie, am Arbeitsplatz und weltweit zwischen den Völkern und Nationen. Wo jeder um seinen Vor-teil kämpfen muss, wird kein Friede. Und wo kein Frieden ist, da kann am Ende niemand wirklich gut leben: jeder fühlt sich bedroht, keiner fühlt sich wohl.
Deshalb empfiehlt die Bibel, immer auch an die anderen zu denken. Was fehlt meinem Lebenspartner, damit er gern lebt und seine Lebensfreude uns beiden gut tut? Was brau-chen die Menschen, die immer noch keine Chance haben auf Wohlstand, damit sie nicht kämpfen müssen, sondern ihren Lebensunterhalt erarbeiten können wie ich auch? Natür-lich kann ich mir fast alles leisten – aber vielleicht wäre es ja für unser Miteinander bes-ser, ich würde meine Ansprüche mal ein bisschen zurückstecken?
Denkt nicht an euren eigenen Vorteil, sondern an den der anderen. Das kann nur gehen, wenn ich akzeptiere: was andere brauchen ist nicht unbedingt dasselbe, was ich brauche. Es geht darum, wahrzunehmen, was für die anderen gut ist. Nur dann werden sie sich wohl fühlen. Nur dann werden wir gut miteinander auskommen. Und am Ende ist das gar nicht so naiv und weltfremd? weil es ja auch für mich von Vorteil ist, wenn wir gut mit-einander leben.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=2530
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