Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“ (Mk 10,9) Jesus hat das gesagt, es steht so in der Bibel und noch immer wird das in Gottesdiensten und bei kirchlichen Trauungen vorgelesen. Dabei wird in Deutschland inzwischen jede dritte Ehe geschieden, auch unter Christen.

Jesus hat in dieser Frage klare Kante gezeigt, wie man heute sagt. Ihm ging es damals allerdings vor allem um den Schutz der Frauen. Die waren völlig unversorgt, wenn ihr Mann sie einfach weggeschickt hat, weil sie ihm auf die Nerven ging oder weil er eine andere, schönere, jüngere gefunden hat. „Ihr sollt euch nicht scheiden lassen“, hat Jesus deshalb gesagt. „Ehescheidung ist hartherzig.“

Und auch wenn ich weiß, dass die Verhältnisse heute andere sind, frage ich mich doch:
Sind wir Geschiedenen zu hartherzig? Zu ungeduldig? Zu wenig tolerant? Zu anspruchsvoll?

Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Das ist der Weg, den Jesus richtig findet. Es hat keinen Sinn, glaube ich, sich diesen Satz schön zu reden. Doch. Er hat das so gemeint, wie er es gesagt hat. Genauso, wie die Sache mit dem Nächsten, den ich lieben soll wie mich selbst.

Und ich muss sagen: Ich weiß, wie weh es tut, wenn man nicht halten kann, was man sich vorgenommen und vielleicht sogar versprochen hat. Ich mache Fehler. Und ich schaffe das nicht immer. Meinen Nächsten zu lieben wie mich selbst, wie oft bin ich daran schon gescheitert!

„Was Gott zusammengefügt hat, soll der Mensch nicht scheiden“. Jesus hat das so gesagt. Und eigentlich hat er Recht, denn eine Scheidung tut weh. Aber viele schaffen es nicht. Die Liebe, die nie aufhört – das ist Gottes Liebe. Menschenliebe ist endlich.

Menschen machen Fehler. Ich schaffe nicht alles, was ich mir vorgenommen habe. Und ich hoffe darauf, dass Gott mich trotzdem liebt. Dass er in meinem Leben etwas Neues schaffen kann, wenn ich gescheitert bin. So, wie aus einem Baumstumpf ein neuer Trieb herauswachsen kann. So, wie man aus Teilen ein schönes Patchwork zusammensetzen kann, wenn man kreativ ist und Phantasie einsetzt.

Gottes Liebe – die kann einem dazu Geduld geben und neue Kraft und neuen Mut. Auch die Kraft und die Weisheit, eine Trennung durchzustehen. Besonnen und so schonend wie möglich. Manchmal ist das das Beste und Letzte, was man noch tun kann: Ohne Hass auseinander gehen. Wenn die Liebe abhandengekommen ist – vielleicht geht wenigstens das noch: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – gerade auch, wenn der Nächste mein Mann gewesen ist oder meine Frau.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25160
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