SWR1 3vor8

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26. Sonntag im Jahreskreis A (Mt 21,28-32)

Ein Bekannter von mir wartet seit langem darauf, dass ich ihn besuche. Wenn wir miteinander telefonieren, steht am Ende fast immer mein Versprechen, dass ich jetzt bald zu ihm komme. Aber insgeheim weiß ich schon, dass wieder viele Dinge dazwischen kommen und mir der Aufwand eigentlich zu groß ist. Ich weiß genau, was von mir erwartet wird, weil ich’s dem Bekannten schuldig bin. Deshalb sag ich JA und hoffe gleichzeitig, dass die Sache sich irgendwann in Wohlgefallen auflöst.

Es gibt aber auch den umgekehrten Fall. Jemand bittet mich darum, dass ich ihm mein Auto ausleihe. Und ich sage sofort NEIN, weil ich keine Lust habe im voraus zu planen, wann ich auf mein Auto verzichten und mit dem Bus fahren müsste. Aber dann lässt mir mein Gewissen keine Ruhe und ich raffe mich auf und geb’ mein Auto doch her.

Um diese beiden halbherzigen Alternativen geht es auch im Sonntagsevangelium der katholischen Messe heute, wo Jesus das folgende Beispiel erzählt:

Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg! Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht.
Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn, und er ging doch.
Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt?[1]

Was ist besser? Ja zu sagen und dann seine Zusage nicht einzulösen? Oder erst Nein zu sagen und am Ende doch zu tun, was von einem erwartet wird? Beide Varianten sind nicht wirklich ideal. Aber sie sind sehr menschlich. Ich weiß, dass Jesus an einer anderen Stelle sagt: Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein.[2] Für den Vater eine Aufgabe zu übernehmen, um die er bittet, das scheint richtig zu sein, schließlich hat der Vater, wenn er ein guter ist, schon viel für einen getan. Ein bisschen Gegenleistung gehört sich. Jesus verlangt, konsequent zu sein. Am besten wäre es, JA zu sagen und sein Versprechen gleich wahr zu machen. Da gebe ich Jesus Recht. Ich habe diesen Anspruch auch an mich. Entweder - oder! Es wäre besser, meinem Bekannten klipp und klar zu sagen, dass ich meinen Besuch bei ihm kaum wahr machen werde, weil er auf meiner Prioritätenliste ziemlich hinten steht. Das ist zwar im ersten Moment hart, aber ehrlicher.

Und im anderen Fall, beim Auto-Ausleihen? Da gibt es immerhin ein spätes JA, ein nachgeholtes. Vielleicht ist es halbherzig. Ich fürchte, so bin ich manchmal. Aber ich habe es geschafft, meine Einstellung zu revidieren. Und am Ende stimmt das Ergebnis. Wie beim Sohn im Beispiel von Jesus.

Ich wünsche Ihnen einen guten Sonntag.

 



[1] Mt 21,18-31

[2] Mt 5,37

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25101
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