Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Am Samstag mache ich eine Friedhofsführung. Seit einigen Jahren biete ich das zusammen mit einer Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung an. Wir werden über den Stadtfriedhof spazieren und uns in Ruhe verschiedene Grabfelder anschauen. Wir werden nachdenklich vor Gräbern von Soldaten stehen, bewegt Teddybären und Engel auf Kindergräbern anschauen und einiges über Baumgräber und naturnahe Bestattung lernen. Die Mitarbeiterin der Friedhofsverwaltung wird jede Frage beantworten können, vor allem auch was wieviel kostet. Und wir werden an Grabsteinen stehen bleiben, Sprüche entziffern und über Symbole reden. Dabei werden wir manches entdecken, was Menschen tröstet und wodurch sie ihren Glauben an ein Leben nach dem Tod ausdrücken.

Am Feld für die anonymen Bestattungen gibt es oft Diskussionen. Die einen finden das gut. Den Kindern nicht zur Last fallen, weil die sonst ein Grab pflegen müssten und vielleicht gar nicht am Ort wohnen. Oder vielleicht sind auch keine Angehörigen da. Andere sagen: ist das nicht zu wenig, wenn dann nicht mal ein Namensschild an einen Menschen erinnert und man bloß irgendwo unter dem Rasen liegt? Und wenn doch jemand um einen trauert: wo soll der hingehen, wenn es kein Grab gibt?

Ich kann nachvollziehen, dass die Grabpflege ein wichtiges Thema geworden ist. Darum bin ich froh, dass es inzwischen auf dem Friedhof auch andere Möglichkeiten gibt, bei denen das Grab pflegeleicht ist. Baumbestattungen zum Beispiel. Da gibt es dann aber ein Schild mit den Namen der Toten. Das finde ich wichtig.

Die Namen erinnern nicht nur an die verstorbenen Menschen und an das, was sie erlebt haben. Die Namen erinnern auch daran, dass jeder Mensch in Gottes Gedächtnis und in sein Herz hineingeschrieben ist. Und das hört nicht auf, wenn jemand gestorben ist. Das glauben Christen. Das tröstet viele.

Natürlich glaube ich, dass das auch denen gilt, die anonym bestattet werden. Aber jeder Name auf einem Grab macht mich auf die alten Worte der Bibel aufmerksam: „So spricht der Herr: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jes 43,1)
Darum freue ich mich, wenn sich Menschen dann doch für ein Grab entscheiden, auf dem ihr Name steht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25074
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