Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Widerstand ja, Gewalt nein. Heute ist der internationale Tag der Gewaltlosigkeit. Er wird jedes Jahr am 2. Oktober gefeiert, weil das der Geburtstag von Mahatma Gandhi ist. 1869 wurde er geboren. Gandhi ist berühmt geworden, weil er sich dafür eingesetzt hat, in Konflikten ohne Gewalt zu handeln. Ich finde, wir können diesen Tag der Gewaltlosigkeit gut gebrauchen. Es gibt so viel Gewalt, im Großen wie im Kleinen.

Wenn ich in der Schulpause zwei Kinder trenne, die sich schlagen, höre ich oft: „Aber der hat zuerst getreten!“ Wenn sich alle einigermaßen beruhigt haben, können wir darüber reden. Was war eigentlich los? „Der hat mich gehauen“, sagt Lukas empört. „Aber du hast vorher gegen meinen Schulranzen getreten“, wehrt sich Leon.

Das kann erfahrungsgemäß eine Weile so weitergehen. Vermutlich hat Leon vorher den Stift von Lukas geklaut, weil Lukas vorher etwas Gemeines zu Leon gesagt hat. Oder so ähnlich.

„Was kann ich machen, wenn mich jemand ärgert“, frage ich die Kinder, die inzwischen um die beiden Streithähne herumstehen. „Zurück ärgern“, sagt Lukas prompt. Jetzt mischen sich auch die anderen ein. „Stopp sagen“, meint einer. Ich frage nach. „Einfach ‚Stopp‘ sagen“, wiederholt er, „wie beim Spielen. Wenn man Stopp sagt, bleiben alle stehen.“ Lukas schaut noch nicht sehr überzeugt, aber einige andere nicken. Ich finde „Stopp-Sagen“ eine schlaue Idee. Damit können Kinder den Reflex unterbrechen, immer gleich zurück zu ärgern. Und Kinder, die nicht beteiligt sind, bekommen die Möglichkeit, dazwischen zu gehen und zu vermitteln.

Manchmal denke ich, auch wir Erwachsenen müssten üben, „Stopp“ zu sagen. Damit Konflikte sich nicht immer weiter hochschaukeln, sondern alle Beteiligten eine Pause bekommen. Eine Denkpause.

Jesus hat Menschen Mut gemacht, den Kreislauf von Gewalt zu unterbrechen. Es zumindest zu versuchen. „Wenn dich einer auf die linke Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin“, hat er gesagt. Starke Worte. Ich glaube, es geht ihm darum, Stopp zu sagen. „Stopp. Ich mach‘ nicht mit. Nicht so. Nicht auf deine Weise.“  Denn ich bin ein Geschöpf Gottes und habe Respekt verdient. Und du genauso.
So zu denken, so zu leben: ich glaube, das kann man üben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25072
weiterlesen...