Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Ich steh an der Kasse im Supermarkt. Die Kassiererin nennt mir die Summe, einen krummen Betrag. „63 hab ich vielleicht klein“, sage ich und dann, nach einem Blick in den Geldbeutel, „nein, leider doch nicht“. „Alles gut“, sagt die Kassiererin freundlich, und zählt mir das Rückgeld in die Hand.  

„Alles gut!“ Das habe ich an diesem Tag schon öfter gehört. In allen möglichen Situationen. Ich habe den Eindruck, es wird gerade zu einer Standardantwort, die eigentlich immer passt. Am Anfang war ich irritiert, denn es klang, wie wenn ich mich aufgeregt hätte und jetzt beruhigt werden müsste, aber so war’s ja nicht. Inzwischen habe ich mich daran gewöhnt. Ich weiß jetzt, dass es eher eine Floskel ist, so ein Wort, das wie Schmierstoff wirkt und das Gespräch angenehm machen soll.  

Dass tatsächlich ‚Alles gut!‘ ist, kann wohl niemand im Ernst behaupten. Schön wär’s ja. Aber es ist einfach zu offensichtlich, dass eben nicht alles gut ist, nicht in der großen Welt, nicht in meiner kleinen Welt, und nicht einmal in mir selbst. Umso rührender finde ich’s, wenn mir mehrmals am Tag wildfremde Menschen versichern: „Alles gut!“ Ich nehm’s inzwischen wie einen Glückwunsch und freu mich einfach dran, dass mir jemand etwas Nettes, Aufbauendes sagen will.  

Es gibt ein Wort, das ganz ähnlich klingt und an das ich mich gern erinnern lasse. Die Bibel erzählt ganz am Anfang, in sehr bildreichen Worten, wie Gott die Welt erschaffen hat. Erst die Erde und darüber den Himmel, das Licht, das fruchtbare Land, dann alles Lebendige, Pflanzen, Tiere, und schließlich die Menschen. Und als er dann innehält und sein Werk anschaut, da hat er genau das gesagt: Alles gut, sehr gut sogar!  

Klar, das ist jetzt schon ein kleiner Salto, aus unserer Alltagssprache direkt in die Schöpfungsgeschichte der Bibel. Aber warum eigentlich nicht? Vielleicht spricht da am Ende ja doch so was wie eine ferne Erinnerung aus uns. Die Erinnerung daran, wie unsere Welt und unser Leben von Gott gemeint ist. Ganz unabhängig davon, was wir daraus machen.  

Alles gut! Eigentlich gar nicht so übel, dieses Modewort.

 

 

 

 

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