Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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„Die ältesten Tiere“. So heißt eine interessante Fernsehdoku. Sie stellt die 10 Arten vor, die das höchste Lebensalter erreichen. Es beginnt mit unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen. Die Hundertjährigen unter den Tieren führt der Hummer an. Genau in der Mitte liegen wir Menschen. Platz zwei nimmt eine Riesenschildkröte ein; in Australien lebt noch ein Exemplar, das Charles Darwin eigenhändig von den Galapagosinseln mitgenommen hat. 

Das ist aber noch gar nichts gegen den Methusalem auf Platz 1: Im Südpolarmeer lebt ein Riesenschwamm, der sage und schreibe 10 000 Jahre alt werden kann. 

Der Film geht auch der Frage nach, welche Faktoren dazu beitragen, dass Lebewesen so alt werden können und ob man die Erkenntnisse dafür nutzen kann, die Lebenserwartung von Menschen noch weiter zu erhöhen.  

Am Ende des Films kommt eine Meeresbiologin zu Wort, die den berühmten Tiefseeschwamm erforscht. Sie sagt: „Die Frage, die sich letztlich stellt, ist keine medizinische. Wenn wir wie der Schwamm im Polarmeer 10 000 Jahre alt werden wollen, müssen wir auch so leben. Und wer will schon bei -2° auf dem dunklen Meeresboden 10 000 Jahre leben?“  

Mich hat diese Logik fasziniert. Denn sie verändert die Perspektive. Sie stellt nämlich unsere uralten Fantasien von Unsterblichkeit auf den Kopf. Und das in einer Weise, die auch noch Platz hat für Humor.  

Lange zu leben ist das eine. Gut zu leben das andere. Gut leben. Für mich hat das zwei Seiten: Ich will nicht so tun, als ob ich zu allem noch Jahrhunderte Zeit hätte. Ich will aber auch nicht immer hektischer alles mitnehmen, was ich nur kriegen und erleben kann, weil ich in meiner begrenzten Lebenszeit ja noch so viel unterbringen will.  

Gut leben. Meine Lebenszeit als Geschenk betrachten. Heute darauf achten, was dieser Tag für mich bereithält. Sicher nichts Weltbewegendes. Vielleicht einen überraschenden Anruf oder einen Spaziergang durch die herbstlichen Wiesen oder einen Mittagschlaf. Und heute Abend Danke sagen, auch wenn nicht alles so war, wie ich’s mir gewünscht hätte.  

Und das eben: Heute, nicht morgen.

 

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