Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Jetzt ist die Entscheidung gefallen. Gestern waren wir zur Wahl gerufen, und die meisten von uns haben mitentschieden, wie unser Land in den nächsten vier Jahren regiert wird. Wahrscheinlich haben auch Sie gestern Abend gespannt das Ergebnis verfolgt. Und waren am Ende erleichtert oder enttäuscht, überrascht, zufrieden oder besorgt. Der Wahlabend ist oft ein Wechselbad der Gefühle. Da geht es uns Wählern nicht anders als denen, die wir gewählt oder eben nicht gewählt haben.  

Tag eins nach der Wahl hat schon eine andere Stimmung. Jetzt wird nicht mehr gefeiert oder bedauert. Jetzt wird analysiert, gerechnet, diskret sondiert, verhandelt. Das ist das nüchterne politische Alltagsgeschäft, jenseits der Töne und Sprüche, die den Wahlkampf beherrschen.  

Und wir Wählerinnen und Wähler? Was tun wir heute, was ist unsere politische Aufgabe, jetzt noch, wo wir gestern unsere Stimmen ja abgegeben haben? Abgegeben? Hoffentlich doch nicht! Ich jedenfalls will meine Stimme behalten, und auch in den kommenden vier Jahren sagen und zeigen, was ich für dringlich halte, was ich gut finde und wo ich einen falschen Weg sehe. Dazu kann ich ganz unterschiedliche Möglichkeiten nutzen, von der Bürgerinitiative bis zur Demo. Das ist auf jeden Fall besser als zu schweigen und zu resignieren.  

Und noch etwas will ich mir merken. Egal, ob ich sie gewählt habe oder nicht, die Abgeordneten machen eine Arbeit, zu der wir als das Volk sie beauftragt haben. Natürlich ist es wichtig, dass wir die Männer und Frauen, denen wir Macht in die Hand legen, auch kritisch begleiten und notfalls zur Rechenschaft ziehen. Aber ebenso wichtig ist es, dass wir ihnen gegenüber fair bleiben, auch wenn es manches zu kritisieren gibt. Denn sie sind – Menschen. Menschen, die stark sind und schwach, die vieles leisten und manche Fehler machen.  

Deshalb habe ich mir noch etwas vorgenommen für die nächsten vier Jahre: Ich möchte für alle, die wir gestern gewählt haben, beten. Ich werde sie immer wieder Gott ans Herz legen, mitsamt den Herausforderungen, die sie bewältigen müssen. Und ihn bitten, dass er ihnen die Kraft gibt, leidenschaftlich und klug, besonnen und entschieden das zu tun, was beiträgt zu Gerechtigkeit und Frieden. 

Dafür will ich meine Stimme unbedingt behalten. Gerade auch nach der Wahl.

 

 

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25048
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