Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Einen guten Morgen wünsche ich Ihnen.
Noch ist es eine gute Weile hin bis Advent und Weihnachten doch kam mir die Tage eine Tüte mit Strohhalmen zwischen die Finger. Worin dabei der Zusammenhang besteht, fragen Sie vielleicht. Nun, es gibt bei uns den Brauch für die Kinder dem Christkind jeden Tag im Advent einen kleinen Strohhalm in die Krippe zu legen, damit sein Bett bis Weihnachten etwas weicher ist.
Als ich diese Tüte so in den Händen hielt kam mir noch was völlig anderes in den Sinn. Als Kinder hatten wir Strohhalme auch immer zum Seifenblasen-Machen verwendet. Das hat super funktioniert. Ein vielseitiges Ding so ein einfacher Strohhalm.
Auch im übertragenen Sinn, spielt er für mich eine wichtige Rolle. „Sich an einen winzigen Strohhalm klammern“, steht für mich für die grandiose Fähigkeit von uns Menschen, Hoffnung wider alle Hoffnungslosigkeit zu setzen. Einen Strohhalm zu ergreifen bedeutet für mich: Ja nie vor der Zeit aufzugeben, solange noch ein Funken Hoffnung besteht, so lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind etwas oder jemanden zu retten.
Dabei denke ich auch an einen Satz, der im Alten Testament der Bibel steht.
Der Prophet Jesaja beschreibt Gott und einen Menschen, der Gott wohlgefällt mit diesen Worten: „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht…und den glimmenden Docht löscht er nicht aus:“ (Jes 42,3)
Diese Zusage, vielleicht auch die Haltung, die dahinter steckt, macht mir Mut, nichts und niemanden zu früh aufzugeben oder abzuschreiben.
Das hat nichts zu tun mit sich- oder- anderen- falsche- Hoffnungen- machen. Sondern damit, konsequent Hoffnungsspuren zu verfolgen, oder ein Licht anzuzünden, wo jemand keine Spur oder keinen Weg mehr sieht.
Solange es noch Hoffnung gibt, dass sich etwas zum Guten wendet, mag ich diese Hoffnung nicht auslöschen, mag ich an die Stärke von schwachen Strohhalmen glauben.
Erika Burkhart, eine Schweizer Dichterin kennt wohl dieses Vertrauen in die Macht des Unscheinbaren. Sie hat ein Gedicht über den Strohhalm geschrieben:

Strohalm

Seine Blüte die spiegelnde
Seifenblase

Schöner jedoch, wenn er, kahl,
in die Novembersonne sich neigt,
fernab, wo Luft wird
zu Gold gesponnen
und niemand ihn sieht
außer dem Licht,
das im Schnee den schmächtigen
Schatten auslegt
für einen, der sich dran hält
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