Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Las Ramblas. Die berühmteste Straße in Barcelona. Jeder, der als Tourist in die Stadt fährt, landet fast zwangsläufig da. Das Leben pulsiert auf diesem Boulevard. Hunderte Menschen, die dort spazieren gehen, Straßenmusiker, unzählige Geschäfte. Viele Gassen, die in die große Altstadt von Barcelona führen, zweigen von dort ab.

Genau das sind die Orte, die Terroristen im Visier haben. Wie bei dem Anschlag, der sich vorgestern ereignet hat. Er zielt auf die Stellen, wo wir besonders verletzlich sind, wo es ungezwungen und friedlich zugeht. Wo wir uns des Lebens freuen und die Seele baumeln lassen. Wo wir so sind, wie Gott uns ursprünglich gewollt hat: unbekümmert, arglos, freundlich mit uns selbst und anderen. Wer Hass säen will, weiß genau, wo er angreifen muss, um uns besonders weh zu tun. Das ist niederträchtig und menschenverachtend. Es tritt jede Menschlichkeit mit Füßen.

In Barcelona sind wahllos Menschen umgebracht worden. Unbeteiligte, ohne Beziehung zu denen, die sie ermordet haben. Es tut weh zu wissen: Das könnte jedem widerfahren. Auch mir. Ich bin auch schon über die Ramblas geschlendert. Freunde von mir waren erst vor kurzem dort. Ich will mir nicht vorstellen, dass das einem von Ihnen etwas passiert wäre. Aber gerade denke ich natürlich daran. Und frage mich: Wo bin ich in der nächsten Zeit? Und: Wo ereignet sich der nächste Anschlag?

Aber das ist nicht alles, was ich denke. Dafür sind nun schon zu viele schlimme Dinge in kurzer Zeit passiert. Ich denke zuerst an die Toten und die, die um sie trauern. An die Verletzten, die um ihr Leben kämpfen; an die Ärzte und Schwestern, die für sie da sind. Ich denke an die, die den Mut haben, das Leben auf die Ramblas zurückzubringen. Ich hoffe, dass es viele sind, die sich ihre Lebensfreude nicht nehmen lassen - trotz aller verständlichen Angst.

Inzwischen weiß ich: Von denen, die Angst und Schrecken verbreiten wollen, werde ich mich nicht klein kriegen lassen. Ich bin froh um den Schutz, für den die Sicherheitskräfte so gut sorgen, wie es möglich ist. Aber ich werde mir nicht diktieren lassen, wo ich hingehe und wo nicht. Dazu ist mir meine Freiheit zu kostbar. Und meine Freude am Leben ist zu groß, als dass ich mir die von Verrückten und Mördern kaputt machen lasse.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24827
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