Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Von Jesus wird immer wieder erzählt, wie er Kranke geheilt hat.
Blinde, Taube, Gelähmte – Menschen, die nicht sehen, nicht hören, nicht gehen konnten oder mit Aussatz geschlagen waren.
Diese Menschen waren allesamt nicht nur durch ihre körperlichen Gebrechen beeinträchtigt, sie wurden auch noch von der Gesellschaft ausgegrenzt und geächtet. Wenn Jesus Kranke geheilt hat, dann hat er sie nicht nur körperlich geheilt. Er hat ihnen auch seelisch geholfen. Weil er sie angefasst hat, sie anerkannt hat und damit in die Mitte der Gesellschaft zurückgeholt hat.
Bei diesen Heilungsgeschichten finde ich sehr spannend: Wenn Jesus einen Menschen geheilt hatte, dann sagte er oft zu ihm: „Und jetzt geh nach Hause.“
So auch zu einem Mann, der gelähmt war. Seine Freunde hatten ihn angeschleppt und ihn Jesus buchstäblich vor die Füße gelegt. (Mk 2,11)
„Nimm deine Bahre und geh nach Hause.“ sagt Jesus zu ihm.
Er will ihn damit nicht loswerden, wie ein lästiges Anhängsel oder ihn in die einfache Hütte zurückschicken. Im griechischen Urtext des Neuen Testaments steht für dieses nach Hause gehen: „Eis ta idia“ - das heißt übersetzt: „geh in dein Eigenes, in das dir Eigene, ....“ Also: „Geh zu dir nach Hause.“
Das find ich bemerkenswert. Geh zu dir nach Hause, komm zu dir. Vielleicht im Sinne von: „Begreif erst mal in aller Ruhe, was dir eben passiert ist, lass es sich setzen.
Es bedeutet für mich aber auch:
Schau, was das Deine ist, was dein Wesen ausmacht. Schau, dass du zu deiner Mitte kommst. Begreif, dass Du mehr bist als deine Krankheit. Dass du einmalig bist und in dir ein unantastbarer Kern ruht, eine Würde, die dir nicht genommen werden kann. Sei du selbst und bleib dir treu.
In sein Eigenes gehen, da gut hinschauen heißt für mich auch: versöhne dich mit dir und deiner Geschichte, damit du innerlich heil wirst und gut nach draußen gehen kannst. Ein Text von Martin Gutl drückt diese Erfahrung wie ich finde wunderbar aus:

Sei deiner Tiefe treu

Sei deiner Tiefe treu, lauf nicht fort von dir

Bleib bei dir in allen Zeiten.
Sei ganz du, und sei es gern

Hilf dir selbst!
Geh zu dir nach Hause.
Warte und horche

Sammle dich
Zerstreu dich nicht

Sei deiner Tiefe treu
So wird sich Gott
in Dir halten können

https://www.kirche-im-swr.de/?m=2481
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