SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

Das Lied heute Morgen kommt aus den Niederlanden. Es ist knapp sechzig Jahre alt. Der Theologe Huub Oosterhuis hat als Liedtext ein einfaches Dankgebet formuliert und die Komponistin Tera de Marze Oyens hat dazu eine schlichte Musik geschrieben. In jeder Strophe vier kurze Melodiezeilen, die alle ähnlich klingen. Darunter ein stetiger Rhythmus, der immer weiterläuft.

Solang es Menschen gibt auf Erden,

solang die Erde Früchte trägt,

solang bist du uns allen Vater,

wir danken dir für das, was lebt. 

         Solang die Menschen Worte sprechen,

         solang dein Wort zum Frieden ruft,

         solang hast du uns nicht verlassen.

         In Jesu Namen danken wir.  

„Solang es Menschen gibt auf Erden, solang die Erde Früchte trägt, solang bist du uns allen Vater, wir danken dir für das, was lebt.Solang die Menschen Worte sprechen,

solang dein Wort zum Frieden ruft, solang hast du uns nicht verlassen. In Jesu Namen danken wir.“

Dieses Lied hat etwas Eindringliches. Vielleicht liegt es an dem Wörtchen „solang“. Sechsmal ist es eben gesungen worden, so als ob sich dieses Wort regelrecht in den Vordergrund spielen will. „Solang“ – das steht dafür, dass Gott uns Menschen nicht verlässt. Christen glauben, dass Gott immer da ist. Immer den Kontakt zu den Menschen sucht und die Verbindung immer aufrecht erhält.

Wenn ich genauer auf den Liedtext schaue, dann kommen mir Fragen. Es heißt ja: „Solang es Menschen gibt, solang es Früchte gibt, solang ist Gott uns Vater.“ Was ist danach? Wenn es keine Früchte mehr gibt. Was ist, wenn wir unseren Planeten früher zerstören, als er eigentlich existieren könnte? Nimmt das Gott dann in Kauf? Und ist Gott uns dann kein Vater mehr?

Das klingt für mich fast nach einem Abhängigkeitsverhältnis: Als ob Gott abhängig von den Menschen wäre? Ich glaube, wenn Gott liebt, dann ja. Denn jeder, der liebt, macht sich abhängig. Liebe heißt doch, dass ich dein Problem auch zu meinem werden lasse, und dass mein Problem auch deines sein darf. Also dass die Probleme der Menschen auch die von Gott sein dürfen, oder sogar sein müssen. 

         Solang die Menschen Worte sprechen,

         solang dein Wort zum Frieden ruft,

         solang hast du uns nicht verlassen.

         In Jesu Namen danken wir.  

„In Jesu Namen danken wir.“ Die letzte Zeile der beiden ersten Strophen endet mit einem ausdrücklichen Dank. Ich danke auch. Allen, die immer weiter miteinander sprechen, die Kompromisse suchen, statt einfach drauf zu hauen. Allen Pädagogen und Politikern zum Beispiel, die dranbleiben, wenn Streit aufkommt und wenn der Frieden plötzlich nur noch auf wackligen Füßen steht. Das kann schnell gehen, manchmal von einem Moment auf den anderen. Wenn in so einem Moment Menschen friedlich bleiben, verhandeln und nach Lösungen ringen, dann nenne ich das einen „göttlichen“ Moment. Dann hat sich diese göttliche Friedensidee wenigstens dieses eine Mal durchsetzen können. Menschen haben sich davon anstecken lassen. So als ob der Frieden von Gott auf Menschen abgefärbt hat.  

In der letzten Strophe des Liedes klingt das so: „Darum muss jeder zu dir rufen, den deine Liebe leben lässt. Du, Vater, bist in unsrer Mitte, machst deinem Wesen uns verwandt.“ 

         Darum muss jeder zu dir rufen,

         den deine Liebe leben lässt:

         Du, Vater, bist in unsrer Mitte,

         machst deinem Wesen uns verwandt.  

Musikangabe:
SWR Archiv Musikarchiv
M047205901-013
„Solang es Menschen gibt auf Erden“
CoroPiccolo Karlsruhe
Leitung:Christian-Markus Raiser

https://www.kirche-im-swr.de/?m=24657
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